Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hält trotz eines Gerichtsurteils zur Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags an seiner Überzeugung fest, dass Deutschland von einer Abschaffung der Abgabe wirtschaftlich profitieren würde. Allerdings machte er klar, dass er innerhalb der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP keine Unterstützung für solch ein Vorhaben erwartet.

Die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann betonte, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) froh sei, dass der Bundesfinanzhof nun in der Sache entschieden habe.

"Die Entscheidung zum Soli nimmt die Bundesregierung zur Kenntnis. In anderer Sache wird Karlsruhe entscheiden. Politisch und ökonomisch gibt es in der Koalition unterschiedliche Bewertungen. Aus meiner Sicht würde die Abschaffung unsere globale Wettbewerbsfähigkeit stärken", erklärte Lindner auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Zuvor hatte der Bundesfinanzhof in München eine Klage gegen die weitere Erhebung des Solidaritätszuschlags abgewiesen, der dem Fiskus jährlichen Einnahmen von rund 11 Milliarden Euro beschert. Die obersten deutschen Finanzrichter argumentierten, dass auch heute noch Kosten für die Wiedervereinigung anfielen, da es sich dabei um eine Generationenaufgabe handele. Auch verstoße die Abgabe, die seit 2021 nur noch von Gutverdienern gezahlt werden, nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz, urteilte das Gericht.

Das Urteil folgte auf die Klage eines bayerischen Ehepaars, das mit Unterstützung des Steuerzahlerbunds juristisch gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags für das Steuerjahr 2020 vorgegangen war. Es argumentierte, die Abgabe sei verfassungswidrig, da der Solidarpakt II zur Unterstützung der ostdeutschen Länder 2019 ausgelaufen sei. Außerdem verstoße die Abgabe, die seit 2021 nur noch von Besserverdienenden gezahlt wird, gegen den Gleichheitsgrundsatz im Grundgesetz. Aktuell zahlen etwa 10 Prozent der Steuerzahler die Abgabe.

Lindner hat sich wiederholt für die vollständige Abschaffung des Solis eingesetzt. Sein Vorgänger im Finanzministerium und heutiger Bundeskanzler Scholz lehnt hingegen wie auch die Grünen eine vollständige Abschaffung des Solis ab.

Lindner sagte zur aktuellen Forderung der oppositionellen CSU nach der Abschaffung des Solidaritätszuschlags, dass diese Absicht zwar richtig sei. "Ich habe aber in Erinnerung, wie 2017 bei den Gesprächen über Jamaika die Abschaffung des Soli an CDU und CSU gescheitert ist. Die Chance auf eine parlamentarische Mehrheit wurde vergeben", sagte Lindner mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen über die Bildung einer sogenannten Jamaika-Koalition bestehend aus Union, Grünen und der FDP.

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January 30, 2023 06:33 ET (11:33 GMT)