Berlin (Reuters) - Angesichts eines internen Streits im Rat der Wirtschaftsweisen über die Rolle der Ökonomin Veronika Grimm erhält diese Rückendeckung aus der Bundesregierung.

Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums sprächen keine rechtlichen Gründe gegen ein mögliches Doppelmandat und damit für einen Ausschluss der Ökonomin aus dem Sachverständigenrat, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch aus dem Finanzministerium. Hintergrund des Streits ist, dass Grimm bei Siemens Energy Aufsichtsrätin werden soll. Die Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier kritisiert die Absicht Grimms, am kommenden Montag in das Kontrollgremium des Dax-Konzerns einzutreten. "Ich und auch die anderen drei Ratsmitglieder machen uns in diesem Fall große Sorgen", sagte die Ökonomin der "Zeit".

Vier der fünf sogenannten Wirtschaftsweisen haben Medienberichten zufolge Grimm aufgefordert, den Sachverständigenrat zu verlassen, sollte sie ein entsprechendes Mandat bei dem Energietechnik-Konzern annehmen. Auch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt sowie Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) seien per E-Mail über den Zielkonflikt ins Bild gesetzt worden. "Die Mehrheit im Sachverständigenrat Wirtschaft sieht die Nominierung von Veronika Grimm in den Aufsichtsrat von Siemens Energy als Auszeichnung. Gleichwohl stellt diese Nominierung den Sachverständigenrat vor eine Herausforderung", heißt es in einer Stellungnahme der Ratsvorsitzenden Monika Schnitzer sowie der Mitglieder Achim Truger, Ulrike Malmendier und Martin Werding, die Reuters am Mittwoch vorlag.

Sie verweisen darauf, dass das Sachverständigenratsgesetz von 1963 die Wahl eines Ratsmitglieds in einen Aufsichtsrat nicht ausschließt: "In der öffentlichen Wahrnehmung hat die Sensibilisierung von Compliance-Themen allerdings zugenommen und nimmt in der Debatte, aber auch in der Aufstellung von Unternehmen und Konzernen, einen größeren Stellenwert ein als beispielsweise noch vor zehn oder 15 Jahren."

Die vier nicht betroffenen Ratsmitglieder sehen übereinstimmend, dass in dieser Konstellation mögliche Interessenkonflikte bestehen. Diese berührten die Arbeit des Sachverständigenrates in Kernbereichen: "Denn die anstehende Energietransformation ist von herausragender wirtschaftlicher und wirtschaftspolitischer Bedeutung. In der Ratsarbeit ist die Expertise von Veronika Grimm daher von großem Wert."

(Bericht von Christian Krämer, Reinhard Becker, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)