"Das ist ein maßgeblicher Meilenstein auf unserem Weg, einen globalen Champion zu schaffen", sagte VW-Truck-Chef Andreas Renschler am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Zuvor hatten sein Unternehmen und der kleinste US-Lkw-Bauer eine weitreichende strategische Allianz bekannt gegeben, über die Reuters bereits am Montag berichtet hatte. Um die Partnerschaft zu untermauern, übernimmt die VW-Tochter Truck & Bus für 256 Millionen Dollar 16,6 Prozent an Navistar. Renschler schloss eine Aufstockung und auch eine künftige Fusion nicht aus: "Alle Optionen sind offen."

An der Börse kam die Partnerschaft gut an: Der Kurs der Navistar-Aktie schoss zeitweise um 58 Prozent nach oben. Ein Branchenkenner bezeichnete Volkswagens Allianz mit dem US-Hersteller als Verlobung. Die Wolfsburger bekämen so auf dem wichtigen US-Markt einen Fuß in die Tür. Anders als Daimler und Volvo ist Volkswagen mit seinen beiden Lkw-Marken MAN und Scania in den USA nicht vertreten. Bislang konzentrierte sich VW bei Schwerlastern auf Europa, Südamerika und Asien. Um zu den größten und profitabelsten Lkw-Herstellern aufzuschließen, müssen sie in allen großen Weltmärkten vertreten sein. "Jetzt gehen wir den nächsten Schritt", sagte Renschler. Ob am Horizont die Verselbstständigung von Volkswagens Truck-Sparte steht, ließ er unbeantwortet: Auch hier seien "alle Optionen offen".

KOOPERATION BIRGT ZAHLREICHE EINSPARMÖGLICHKEITEN

Teil der vereinbarten Kooperation mit Navistar ist die gemeinsame Entwicklung einer Motorenplattform sowie ein gemeinsamer Einkauf. "Durch die Zusammenarbeit, vor allem beim Antriebsstrang, vergrößert sich unser Synergiepotenzial in der Gruppe noch einmal erheblich", sagte Matthias Gründler, Finanzvorstand von VW Truck & Bus. Navistar werde von den Antriebstechnologien von VW profitieren, und Volkswagen im Gegenzug von größeren Stückzahlen. Der Antriebsstrang, zu dem Motor, Abgasnachbehandlung, Getriebe und Achsen zählen, steht für 60 Prozent des Wertes eines Lastwagens. VW soll zunächst Komponenten an Navistar liefern, für 2019 sind gemeinsame Produkte geplant. Zu Details äußerten sich die Konzerne nicht und kündigten sie für einen späteren Zeitpunkt an.

Navistar-Chef Troy Clarke bezifferte die Sparmöglichkeiten für sein Haus auf mindestens 500 Millionen Dollar in den nächsten fünf Jahren. Durch die Zusammenarbeit ergäben sich weitere Synergieeffekte. Der Großteil komme aus dem Einkauf, sagte Clarke. Zudem werde Navistar "mehr Lastwagen verkaufen". Im vergangenen Jahr gelang es dem für seine bulligen Zugmaschinen bekannten Traditionsunternehmen mit Hauptsitz in Lisle bei Chicago dank Einsparungen, den Verlust einzudämmen. Für 2016 plant der kleinste US-Lastwagenhersteller mit einem Umsatz von zuletzt rund zehn Milliarden Dollar die Rückkehr in die schwarzen Zahlen.

Anders als bei Pkw ist VW bei schweren Lastwagen und Bussen nicht vom Abgasskandal betroffen. Volkswagen hatte zugegeben, Diesel-Abgaswerte mit einer Software manipuliert zu haben. Dem Konzern drohen deshalb milliardenschwere Strafen und Schadensersatzforderungen.