Berlin (Reuters) - Der deutschen Wirtschaft bleibt womöglich eine Winter-Rezession erspart.

Das Bruttoinlandsprodukt habe von Oktober bis Dezember 2022 "nach bisherigen Ergebnissen" voraussichtlich stagniert im Vergleich zum Vorquartal, gab das Statistische Bundesamt am Freitag in Berlin bekannt. Im Sommerquartal hatte es noch zu einem Wachstum gereicht. Die meisten Institute und Ökonomen gingen davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft im abgelaufenen Vierteljahr geschrumpft ist und auch im laufenden Quartal sinken wird. Bei zwei Negativ-Quartalen in Folge wird von einer Rezession gesprochen.

Die Schätzung für das zurückliegende vierte Quartal erfolgte aber "zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt und dadurch auf einer unvollständigeren Datenbasis", sagte die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand. "Dementsprechend ist das Ergebnis für das 4. Quartal noch mit hoher Unsicherheit behaftet." Erste offizielle Ergebnisse zum vergangenen Vierteljahr wollen die Statistiker am 30. Januar veröffentlichen.

"Die Wirtschaft hat sich ganz klar besser gehalten, als es Stimmungsindikatoren signalisiert hatten", sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger. "Kommt das dicke Ende noch? Stand jetzt ist von Rezession jedenfalls wenig zu spüren." Aber selbst wenn diese ausbliebe, bestünden nur vage Konjunkturhoffnungen. Wachsende Strukturschwächen würden erwarten lassen, dass pandemiebedingte Wohlstandsverluste noch jahrelang bestehen bleiben dürften.

Im gesamten Jahr 2023 dürfte es Experten zufolge nicht zu dem zeitweise erwarteten schweren Konjunktureinbruch kommen, sondern eher zu einer Flaute. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa sagt sogar ein leichtes Wachstum von 0,3 Prozent voraus, das sich 2024 auf 1,3 Prozent beschleunigen soll. "Die massiv gestiegenen Energiepreise sollten in diesem Jahr nicht zu einer tiefen Rezession führen", sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Dieses Szenario ist seit längerem vom Tisch, vor allem weil eine Gasmangellange unwahrscheinlich geworden ist und der Staat durch verschiedene Entlastungsmaßnahmen einen großen Teil der höheren Kosten übernimmt."

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Sabine Ehrhardt - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)