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10 JAHRE ERFOLGREICH IM SELBEN

BOOT MIT FAMILIEN- UNTER-

NEHMERN

Birgitte Olsen

Birgitte Olsen

Lead Portfolio Manager der BB Entrepreneur Fonds, Bellevue Asset Management, Küsnacht.

Auf Familienunternehmen fokussier- te Anlagestrategien haben sich etab- liert. Bellevue Asset Management hat im April vor zehn Jahren mit dem BB Entrepreneur Switzerland den ers- ten Fonds lanciert, der sich hierzulan- de auf eigentümergeführte Unterneh- men konzentriert. Die B2B-Redaktion nahm das Jubiläum zu Anlass, um sich mit der verantwortlichen Portfolioma- nagerin Birgitte Olsen einerseits über die Anfänge und die Entwicklungen die- ses Anlagesegments zu unterhalten und anderseits mehr über die aktuelle Posi- tionierung und Herausforderungen zu erfahren.

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Birgitte Olsen, zunächst einmal herz- liche Gratulation zum Zehnjahres-Ju- biläum Ihres BB Entrepreneur Funds für Schweizer Aktienwerte. Blicken wir doch eingangs kurz auf die Anfän- ge zurück.

Vielen Dank für die Glückwünsche. Als un- abhängige Boutique und selbst von Eigen- tümern geführte Gruppe erkannte Belle- vue den Mehrwert von Anlagen in Familien- unternehmen frühzeitig. Sie leistete mit der Lancierung des BB Entrepreneur Switzer- land Fonds im Jahr 2006 Pionierarbeit, in- dem sie eine Anlagelösung auf den Markt brachte, die den positiven Einfluss der Ei- gentümerstruktur auf die Aktienkursent- wicklung reflektiert. Inzwischen bestäti- gen zahlreiche empirische Studien, dass eigentümergeführte Unternehmen wirt- schaftlich und nicht zuletzt an den Bör- sen die besseren Ergebnisse liefern. Über die Jahre haben wir eine auf der Entrepre- neur-Strategie basierende Produktpalette aufgebaut. Im April 2009 resp. Juni 2011 lancierten wir die BB Entrepreneur Europe und BB Entrepreneur Europe Small Funds.

Wie definieren Sie heute familienge- führte Unternehmen?

Wir investieren in börsennotierte eigen- tümergeführte Unternehmen, welche von einem Unternehmer oder einer Un- ternehmerfamilie mit mindestens 20 % der Stimmrechtsanteile kontrolliert und massgeblich beeinflusst werden. Unsere Zusammenarbeit mit dem Center for Fa- mily Business an der Universität St. Gal- len zeigte dazumal eine positive Verknüp- fung von Besitzverhältnis und Unterneh- mens-Performance, wobei diese über eine invertierte U-Kurve verknüpft ist. Eine Beteiligung von 20-30 % stellt dabei den

«Sweet Spot» dar. Als Selektionskriterium und auch massgebend für den langfristi- gen Erfolg gilt ebenfalls, dass die Familie oder der Gründer in der Unternehmens- führung mitarbeiten bzw. aktiv in einem Kontrollgremium vertreten sind.

Was macht eigentümergeführte Un- ternehmen Ihres Erachtens denn so at- traktiv?

Aus gutem Grund haben wir uns auf ei- gentümergeführte Unternehmen konzen- triert, von denen wir wissen, dass sie in der Lage sind, überdurchschnittliche Ren- diten für ihre Anleger zu erwirtschaften. Wir sind in qualitativ hochstehende Un- ternehmen investiert, die sehr gut mit Ei- genkapital ausgestattet sind. Demzufolge ist mit einer sehr sicheren und konstan- ten Dividendenrendite zu rechnen. Kom- biniert mit einem stringenten Kostenbe- wusstsein verleiht dies finanzielle Unab- hängigkeit und ein hohes Mass an Risiko- fähigkeit. Diese Unternehmen haben auch während der Krise viel investiert und sind im aktuellen anspruchsvollen Marktum- feld bestens positioniert, um überdurch- schnittlich zu wachsen. Die Performance des Fonds gibt uns insofern auch Recht, denn in den letzten zehn Jahren hat sich der BB Entrepreneur Switzerland mit ei- ner Gesamtrendite von 76 % deutlich bes- ser entwickelt als sein Index SPI mit 37 % und liegt im ersten Dezil von über 100 Schweizer Aktienfonds.

Sie agieren als klassischer Stock Picker. Worauf konzentrieren Sie sich bei der Suche nach interessanten Titeln? Wie gehen Sie konkret dabei vor?

Das dreiköpfige Team führt europaweit rund 350 bis 400 Unternehmensgesprä- che pro Jahr durch. Dabei wollen wir das Geschäftsmodell eines Unternehmens verstehen, also alte Schule - ganz nach Warren Buffett: Die Unternehmensper- spektiven im Sinne von Umsatzwachstum, Gewinnpotenzial und Cashflow-Generie- rung modellweise abgreifen und modellie- ren können. So sind wir in der Lage, das Unternehmen und deren Aktie zu bewer- ten und dementsprechend ein Kursziel festzulegen. Bei 20 % Kurspotenzial und einem vernünftigen qualitativen «Risiko- Footprint» kann eine neue Idee Einzug ins Portfolio finden. Wir führen ein konzent- riertes Portfolio von 30 bis 40 Werten, dies mit dem Ziel, die vielversprechends- ten Geschäftsmodelle, das robusteste Wachstum und die solideste Rentabilität zusammenzutragen. Die Auswahl solcher Unternehmen bedarf Fingerspitzengefühl

und Erfahrung, denn auch Familienunter- nehmen sind Risiken ausgesetzt.

Welchen denn?

Wegen ihrer sehr langfristigen Orientie- rung kann es manchmal sein, dass man als Anleger in einer etwas länger dau- ernden Investitionsphase «gefangen» ist. Dies braucht Geduld und einen Sinn fürs Timing, denn der Mehrwert der einge- schlagenen Strategie zeigt sich erst nach einigen Quartalen, manchmal sogar Jah- ren. Das Motto «Unternehmer denken in Generationen, nicht in Quartalen» ist ja bekannt. Weitere allgemeine Risiken, die es zu untersuchen gilt, sind etwa die po- tenzielle Abwesenheit der Nachfolgere- gelung - vor allem in der kritischen Phase zwischen Gründer und der zweiten Ge- neration -, grössere Erbgemeinschaften, temporäre Familienstreitigkeiten oder eine spezifische Gegebenheit, die wir et- was plakativ als «Grössenwahn» bezeich- nen. Generell muss unterstrichen werden, dass die Thematik Corporate Governance in den letzten Jahren sich zu einer Stär- ke entwickelt hat und Familienunterneh- men laut McKinsey in dem Bereich über- durchschnittlich punkten.

Werden Sie auch in Märkten fündig, die von vielen Investoren abgestraft wurden? Wir denken da etwa an die PIIGS-Staaten bei den beiden Fonds mit Europa-Fokus.

Unsere beiden Europa-Fonds haben ei- nen starken Bezug auf Südeuropa. Das periphere Europa birgt hinsichtlich Be- wertung erhebliches Potenzial, vorallem in der Kategorie Nebenwerte. Das Ziel des Stock Pickings besteht ganz eindeutig da- rin, auch in Märkten oder Ländern, die von keiner positiven Grundtendenz profitie- ren, die richtigen Aktien zu finden. Ge- rade im aktuellen Marktumfeld, das an- gesichts etlicher Belastungen anspruchs- voller wird, ist eine geschickte Auswahl von Einzeltiteln wichtiger denn je. So ist Spanien für uns auch dieses Jahr trotz politischen Unsicherheiten eine Quel- le der Alpha-Generierung. In BB Entre- preneur Europe Small liegen gleich zwei

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Anlageideen

BB Entrepreneur Switzerland A-CHF (CH0023244368)

Lancierung: April 2006

Der Fonds investiert in börsennotierte eigentümergeführte Unternehmen in der Schweiz, welche von einem Unternehmer oder einer Unternehmerfamilie mit min. 20 % der Stimmrechtsanteile massgeblich beeinflusst werden.

BB Entrepreneur Europe (Lux) B-EUR (LU0415391860)

Lancierung: April 2009

Der Fonds investiert in börsennotierte eigentümergeführte Unternehmen in Europa, welche von einem Unternehmer oder einer Unternehmerfamilie mit min. 20 % der Stimmrechtsanteile massgeblich beeinflusst werden.

BB Entrepreneur Europe Small (Lux) B-EUR (LU0631859229)

Lancierung: Juni 2011

Der Fonds investiert in kleinkapitalisierte, börsennotierte eigentümergeführte Unternehmen in Europa, welche von einem Unternehmer/Unternehmerfamilie mit min. 20 % der Stimmrechtsanteile massgeblich beeinflusst werden.

spanische Investitionsideen in den Top 5: der Poolbauer Fluidra und Glasma- cher Vidrala, mit einer Performance von

+21.4 % resp. +18.5 % seit Jahresanfang. Bei BB Entrepreneur Europe ist Media- set Espana mit 20.4 % auch in den Top 5 mit dabei.

In welchen Sektoren tummeln sich die meisten familiengeführten Unterneh- men?

Stark geregelte Sektoren wie Versorger oder solche, die traditionell in Staatshand waren, sind nicht reich an eigentümerge- führten Unternehmen. Das Beispiel Tele- kom zeigt allerdings, dass sich dies auch ändern kann. Die Attraktivität des Sek- tors hat in den letzten Jahren dafür ge- sorgt, dass viele Neugründungen mit un- ternehmerischen Modellen den Alteinge- sessenen zum Teil das Wasser abgegraben haben. Ich denke etwa an Iliad in Frank- reich, Jazztel, Altice oder NOS. Konsum- sektoren sind oft in Eigentümerhand, denn diese sind mit ihrem langfristigen Zeitho- rizont und Sinn für Innovation sehr erfolg- reich im Aufbau von Brands. Unser Univer- sum ist etwas ärmer an Finanztiteln, denn Grossbanken und Versicherungen sind oftmals nicht mehr in Unternehmerhand. Dafür sind Industriewerte, Bau, Techno- logie, Immobilien, Konsum oder Gesund- heitswesen Branchen, die im Entrepre- neur-Universum stark vertreten. Unsere Fonds sind Bottom-up orientiert, was be- deutet, dass wir keine vorgegebene Sek- torallokation verfolgen. Vielmehr suchen wir nach Nischen mit erfolgsversprechen- den Zukunftsaussichten und interessanter Bewertung. Von der Sektorprägung sind wir aktuell in Industriewerten stark enga- giert sowie in den Branchen Bau, Handel, Finanz und Energie.

Wie würden Sie die Lage beim Jubilar, dem BB Entrepreneur Switzerland, derzeit beschreiben?

Der BB Entrepreneur Switzerland hat sich seit Jahresanfang mit +4.2 % gut ent- wickelt und den SPI bisher deutlich über- troffen. Wir verfolgen mit dem Fonds eine opportunistische «Blend»-Strategie. Zur-

zeit erachten wir Nebenwerte als attrak- tiv und dies hat sicherlich einen positiven Einfluss auf unsere Performance. Von 39 Positionen sind aktuell 30 % in Large Caps, 70 % in Small & Mid Caps inves- tiert. Stärkste positive Beiträge zur dies- jährigen Fonds-Performance lieferten Im- plenia, Bobst und LEM, aber auch Large Caps wie Partners Group und Kühne + Na- gel. Relativ zum SPI waren unsere Large Cap Picks herausragend. Absolut wurde die Performance hauptsächlich von den Small Caps getrieben.

Was lässt sich sagen bezüglich Risiko- management? Wann ist es beispiels- weise Zeit, sich von einem Titel zu trennen?

Je näher man das Unternehmen mit den Jahren kennt, desto wichtiger ist die Dis- ziplin beim Kauf und Verkauf. Preisziele und Stop-Loss-Marken helfen uns dabei. Unsere fundamentalen Preisziele werden in regelmässigen Abständen geprüft und wir entwickeln durch den regelmässigen persönlichen Austausch mit dem Manage- ment, dem Gründer oder der Gründerfa-

milie ein qualitatives Gefühl für potenziel- le Risiken und Opportunitäten.

Anleger schauen vermehrt auf passive Anlagen. Weshalb sollten Sie familien- geführte Unternehmen dennoch un- bedingt als Anlageidee in Betracht ziehen?

Passives Investieren eignet sich für Markt- segmente, für die es eine effiziente, breit diversifizierte Benchmark gibt. Viele Indi- zes sind jedoch nicht effzient; dies zeigt sich gerade in der Schweiz beim SPI, denn die drei grössten Unternehmen machen über 50 % des Indexes aus! Dies stellt ein man- gelhaftes Konstrukt dar, denn es ist mit ei- nem Klumpenrisiko verbunden und zu we- nig diversifiziert. In diesem Fall macht es klar mehr Sinn, in 30 bis 40 sorgfältig aus- gesuchte, qualitativ hochstehende Unter- nehmen anzulegen, wo auch Preisanoma- lien berücksichtigt werden können und ein antizyklisches Investieren möglich ist. Spe- ziell in unserem Universum familiengeführ- ter Unternehmen finden wir attraktive An- lagen, welche eine überdurchschnittliche Rendite erwirtschaften können.

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Bellevue Group AG veröffentlichte diesen Inhalt am 21 June 2016 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 21 June 2016 11:48:04 UTC.

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