Düsseldorf (Reuters) - Das Bundeskartellamt warnt eindringlich vor den Folgen eines Machtzuwachses von Tech-Giganten durch Künstliche Intelligenz.

"Künstliche Intelligenz ist (..) ein Brandbeschleuniger der ersten Güte, der all die Probleme, die wir mit Big Tech haben, letztlich noch schlimmer macht", sagte Kartellamtschef Andreas Mundt bei der Vorstellung des Jahresberichts seiner Behörde am Mittwoch in Bonn. Die Wettbewerbsbehörden müssten sich rasch dafür wappnen, "mit den wettbewerblichen Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz umzugehen". Die Bonner schauten sich deshalb - ebenso wie die EU-Kommission und die französische Kartellbehörde - nach Möglichkeiten für Verfahren bei der neuen Technologie um: "Wo ist der Zipfel, bei dem wir mit Wettbewerbsmaßnahmen eingreifen können?"

Dabei geht das Kartellamt - ebenso wie die Wettbewerbshüter der EU-Kommission - bereits intensiv gegen mögliche Verstöße gegen den Wettbewerb von Internet-Giganten vor. "Die Macht der großen Tech-Konzerne ist nach wie vor das Thema Nummer eins für uns Wettbewerbsbehörden weltweit", sagte Mundt. Beim Kartellamt laufen aktuell sieben Verfahren gegen die US-Konzerne Amazon, Google, Meta, Apple und Microsoft. Die Bonner Behörde hatte vom Gesetzgeber neue Instrumente erhalten, um effektiver gegen übermächtige Online-Konzerne vorgehen zu können. Die Wettbewerbshüter können damit Online-Riesen eine "überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb" bescheinigen. Im Falle Amazons hatte das Kartellamt dies bereits getan. Auf dieser Grundlage ist es möglich, dass der Konzern stärker kontrolliert wird und die Wettbewerbshüter ihm in einem zweiten Schritt bestimmte Verhaltensweisen untersagen. Der Bundesgerichtshof hatte die Entscheidung des Kartellamts Ende April bestätigt. "Für alle laufenden Verfahren - gegen Amazon, Google, Meta, Apple und Microsoft - bedeutet das viel Rückenwind", sagte Mundt.

Doch die Tech-Konzerne könnten nun durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz neue Probleme schaffen. Schon jetzt seien Google&Co aus Sicht der Kartellwächter "Torwächter" auf dem Weg der Verbraucher, sagte Mundt. Es gebe für die Kunden aber aktuell noch die Möglichkeit, andere Browser in Anspruch zu nehmen als die der Großen. In der Welt der Künstlichen Intelligenz werde es aber ein in sich geschlossenes System für die jeweiligen Nutzer geben. Es bestehe die Gefahr, dass einzelne Unternehmen die digitale Welt beherrschten und unter sich aufteilten - und die Verbraucher immer weniger Auswahl hätten, warnte Mundt. Es dürfe keine große Abhängigkeit von einzelnen Großkonzernen entstehen. "Zwei Drittel der Investitionen in KI weltweit kommen von Nvidia und Big Tech", sagte Mundt. Europa sei in dem Bereich auf eine eigene Infrastruktur angewiesen, betonte er: "Wir brauchen eine europäische Cloud-Lösung."

(Bericht von Matthias Inverardi, redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)