Berlin/Warschau (Reuters) - Die Bundesregierung will nach eigenen Angaben schnell über den Antrag Polens entscheiden, Leopard-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern.

"Wir werden das Verfahren mit der gebotenen Dringlichkeit behandeln", sagte ein Regierungssprecher am Dienstag zu Reuters und bestätigte den Eingang der Anfrage. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kündigte an, bei der EU um Entschädigung für die Lieferung der Panzer anzufragen. Polen hatte die Panzer vor Jahren von Deutschland erhalten.

Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak hatte getwittert, dass der offizielle Antrag aus Warschau zur Weitergabe von Leopard-Panzern nach Berlin geschickt worden sei. Polen hat erklärt, Kiew mit den 14 Kampfpanzern unterstützen zu wollen - allerdings nur als Teil einer Allianz westlicher Staaten. Da der Leopard aus deutscher Produktion stammt, ist eine Zustimmung der Bundesregierung erforderlich, bevor Polen seine Panzer an die Ukraine abgeben kann.

Morawiecki macht der Bundesregierung schwere Vorwürfe: "Wir können sehen, dass sie der Ukraine nicht helfen wollen, sich auf breiterer Ebene zu verteidigen." Er hoffe dennoch auf eine rasche Antwort Deutschlands zu der Exportgenehmigung, obwohl "die Deutschen zögern, ausweichen und in einer Art und Weise handeln, die schwer zu verstehen ist". Der nationalkonservative PiS-Politiker befindet sich im Wahlkampf. In der Bundesregierung hatte es bereits vor Wochen Sorgen gegeben, dass die PiS mit gezielten antideutschen Tönen punkten wolle. Deutschland ist nach Angaben der Bundesregierung mittlerweile zweigrößter Waffenlieferung der Ukraine nach den USA.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte die deutsche Rolle bei der Unterstützung für die Ukraine. Deutschland stelle mit die größte militärische, finanzielle und humanitäre Hilfe für die Ukraine bereit, sagte Stoltenberg nach einem Treffen mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in Berlin. "Deutsche Waffen retten jeden Tag Leben in der Ukraine." Zugleich drängte aber auch er auf mehr Hilfe: "In diesem entscheidenden Moment des Krieges müssen wir der Ukraine schwerere und fortschrittlichere Systeme zur Verfügung stellen, und zwar schneller." Pistorius sagte, Deutschland stehe nicht im Weg, wenn andere Länder ukrainische Truppen für den Einsatz der Leopard-Panzer ausbilden wollten. Es sei falsch zu sagen, dass "es Uneinigkeit gibt oder dass Deutschland isoliert ist".

GRÜNE UND UNION DRÄNGEN

In der Ampel-Koalition zeigten sich erneut Differenzen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verwies darauf, dass die Regierung in dem vorgesehenen Verfahren über eine Ausfuhrgenehmigung entscheide. Die Grünen-Fraktionschef Britta Hasselmann nahm dagegen eine Entscheidung vorweg: Klar sei, dass alles im europäischen und internationalen Kontakt besprochen sein müsse. "Aber wir werden hier nicht im Wege stehen. Und ich glaube auch, wir werden ja dann die nächsten weiteren Schritte schnell hier für uns national und in Absprache mit den anderen zu besprechen haben", sagte sie. Ähnlich hatten sich bereits Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) geäußert.

Lindner wies wie der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner Kritik zurück, Deutschland verschleppe eine Entscheidung. Vielmehr berate man intensiv mit Partnern und Verbündeten darüber, was notwendig sei. "Die politische Leitlinie ist: Deutschland darf keine Kriegspartei werden, unsere Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung darf nicht eingeschränkt werden und wir müssen die Durchhaltefähigkeit der Ukraine stärken", sagte der FDP-Chef.

Die oppositionelle CDU/CSU-Bundestagsfraktion drängte die Regierung, schnell einer Leopard-Lieferung zuzustimmen. Der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Thorsten Frei, warnte, die ukrainischen Truppen hätten hohe Verluste und könnten russische Angriffe kaum noch abwehren. Kanzler Olaf Scholz isoliere sich mit seiner Position, die er auch nicht wirklich erkläre.

(Mitarbeit: Alexander Ratz, Christian Krämer, Paul Carrel und Holger Hansen; redigiert von Ralf Bode. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

- von Andreas Rinke und Pawel Florkiewicz