Zürich (awp) - Oswald Grübel war als Manager von 2003 bis 2007 an der Spitze der Credit Suisse. In einem Interview mit dem "Sonntagsblick" äusserte sich der Spitzenbanker nun zur aktuellen Lage bei der Grossbank. Der jüngste Kurseinbruch der Aktie sei "Gerüchten und Unwahrheiten geschuldet, die von gewissen Medien verbreitet wurden", sagte er darin.

"Die Behauptungen, dass die CS am Abgrund stehe und dringend auf neues Kapital angewiesen sei, entbehren jeglicher Grundlage. Die Bank verfügt mit einer Kernkapitalquote von 13,5 Prozent über ein solides Polster", führte er darin aus. Er selbst habe gerade CS-Aktien gekauft. "Die Bank ist aktuell massiv unterbewertet. Der Börsenwert entspricht nur einem Viertel des Buchwerts der Bank, also dem Unternehmenswert gemäss Geschäftszahlen. Der perfekte Zeitpunkt, um einzusteigen."

Dabei kritisierte Grübel die Rolle britischer Finanzmedien. "Ich sehe die Rolle von britischen Finanzmedien, auch den seriösen, sehr kritisch: Bereits als ich 1967 das erste Mal in England war, spürte ich grosse Antipathie gegen Schweizer Banken", sagte er.

Es gebe da einige Hedgefonds, die shorten, also auf sinkende Kurse wetten würden. "Bei der CS waren definitiv Hedgefonds am Werk - und das seit längerer Zeit. Die wollen einfach ihren Profit maximieren und sprechen dazu mit Analysten und Journalisten, um das richtige Klima für sinkende Kurse zu schaffen", sagte Grübel.

Fehler der Vergangenheit

Was die Vergangenheit anbelangt, so seien bei der CS allerdings viele Fehler passiert, angefangen bei Brady Dougan. Eigentlich hätte man den Ex-CEO seiner Meinung nach Ende 2009 wieder zum Leiter des Investmentbankings degradieren sollen, also nach Ende der Finanzkrise, sagte Grübel.

"Das war das einzige Geschäft, das ihn interessierte. Er baute es aus, weil dort die finanziellen Anreize, die Incentives, am grössten sind." Das Private Banking oder das Schweiz-Geschäft hätten für Dougan leider keine Priorität gehabt.

Und auch als man dann Dougan ersetzt habe im Jahr 2015, sei die Wahl nicht auf den richtigen Mann gefallen. "2015 holte man mit Tidjane Thiam einen CEO, der keinen Bank-Background hatte. Er sagte zwar von sich selbst, dass er schlau genug sei, um das Bankgeschäft zu verstehen. Aber nur weil man versteht, wie ein Schuster seine Arbeit macht, heisst das noch lange nicht, dass man ein guter Schuster ist", führte Grübel aus.

"Thiam und Rohner waren ganz klar eine falsche Kombination", sagte er ausserdem in Bezug auf das Zusammenspiel mit Verwaltungsratspräsident Urs Rohner. "Das konnte nicht funktionieren."

Immerhin sei das heute besser. "Der neue CEO Ulrich Körner ist ein erfahrener Banker und kennt die CS sehr gut. Chairman Axel Lehmann kommt zwar ursprünglich von der Versicherungsseite, war zuletzt aber viele Jahre bei der UBS engagiert", sagte Grübel weiter.

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