Washington (Reuters) - US-Präsident Joe Biden hat sich nach dem Attentatsversuch auf seinen Herausforderer Donald Trump in einer Rede aus dem Oval Office an die Nation gewandt.

Biden betonte die Notwendigkeit, die politische Atmosphäre im Land zu beruhigen. "Wir müssen die aufgeheizte Stimmung in der Politik senken", sagte er in seiner knapp siebenminütigen Rede am Sonntag (Ortszeit). Biden räumte ein, dass der Wahlkampf von einer sehr aufgeheizten politischen Rhetorik geprägt sei. Die Schüsse auf Trump "fordern uns alle auf, einen Schritt zurückzutreten und nachzudenken". Der Präsident erinnerte daran, dass die Amerikaner "Nachbarn und Freunde" seien. "Wir sind nicht einer Meinung, aber wir sind keine Feinde." Er zeigte sich erleichtert, dass Trump bei dem Vorfall während einer Wahlkampfveranstaltung nicht ernsthaft verletzt wurde und verurteilte den Attentatsversuch. "Es gibt keinen Platz für diese Art von Gewalt in Amerika, ohne Ausnahme."

Amerika könne und dürfe diesen Weg in der Geschichte nicht noch einmal einschlagen, sagte Biden unter Verweis auf die Stürmung des Kapitols am 6. Januar 2021. Damals wollten Anhänger Trumps die offizielle Bestätigung von Bidens Wahlsieg gewaltsam verhindern. "Heute Abend bitte ich jeden Amerikaner, sich erneut zu bekennen: Für Hass darf es keinen Zufluchtsort geben." ("Hate must have no safe harbour.") Seine Kampagne stelle die verbalen Angriffe auf Trump innerhalb weniger Stunden nach der Schießerei am Samstag ein und zog Fernsehspots zurück.

Der auf Video festgehaltene Vorfall ereignete sich am Samstagabend (Ortszeit) in Butler im US-Bundesstaat Pennsylvania vor einem großen Publikum unter freiem Himmel. Trump hatte gerade seine Rede begonnen, als plötzlich mehrere Schüsse zu hören waren. Der 78-Jährige zuckte zusammen, griff sich ans rechte Ohr und ging hinter dem Rednerpult in Deckung. Sofort umringten ihn Personenschützer, denen er später für ihren Einsatz dankte.

Nach kurzer Zeit halfen die Leibwächter Trump wieder auf die Beine. Das Ohr und die rechte Wange waren blutverschmiert. Noch bevor Trump von der Bühne zu einem Auto eskortiert wurde, blickte er in die Menge und reckte, umringt von seinen Bodyguards, die Faust in die Luft. Seine Lippen schienen die Worte "Fight! Fight! Fight!" zu formen - " Kämpft! Kämpft! Kämpft!" Danach waren Jubel und "USA"-Rufe zu hören. Der Secret Service wies Vorwürfe zurück, es seien nicht ausreichend Vorkehrungen zum Schutz Trumps getroffen worden.

Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt flog Trump zu seinem Golfclub in Bedminster, New Jersey, und anschließend nach Milwaukee zum Parteitag der Republikaner, wo er von seiner Partei offiziell als Präsidentschaftskandidat nominiert werden soll. Das FBI erklärte, bei dem mutmaßlichen Schützen handele es sich um den 20-jährigen Thomas Matthew Crooks aus Bethel Park, Pennsylvania. Crooks sei vom Secret Service getötet worden, als er die Schüsse abgegeben habe. Bei der Tatwaffe soll es sich um ein Sturmgewehr vom Typ AR gehandelt haben. Der 20-jährige Schütze war laut Wählerverzeichnis registrierter Republikaner, sein Motiv ist bislang unbekannt.

(Bericht von Nandita Bose und Steve Holland, geschrieben von Katharina Loesche. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)