Die Unruhen dort seien nicht der erste und wohl auch nicht der letzte Versuch von Außen gewesen, in innere Angelegenheiten der Länder des Militärbündnisses OVKS einzugreifen, sagte Präsident Wladimir Putin am Montag. Die Allianz werde aber nicht zulassen, dass es zu Destabilisierung oder einer "Farben-Revolution" komme. Er nahm damit offenbar Bezug zu Aufständen in anderen Ex-Sowjetrepubliken, etwa der "Orangenen Revolution" 2013/14 in der Ukraine. Kasachstans autoritär regierender Präsident Kassym-Schomart Tokajew sagte, man habe einen versuchten Umsturz abgewehrt. Nun sei die Ordnung wiederhergestellt. Die Suche nach "Terroristen" gehe aber weiter. Unter den Angreifern seien auch im Ausland ausgebildete islamische Extremisten gewesen.

Putin sagte auf einer Online-Konferenz des Bündnisses, dessen Soldaten seien zum Einsatz gekommen, um zu verhindern, dass bewaffnete Gruppen in Kasachstan die Macht der Regierung aushöhlen. "Die Bedrohung der Staatlichkeit Kasachstans entstand nicht durch spontane Proteste und Kundgebungen wegen der Treibstoffpreise. Es liegt daran, dass destruktive Kräfte von innen und von außen die Situation ausgenutzt haben", sagte Putin. Jene, die zu Waffen griffen, hätten andere Ziele gehabt als die, die zunächst gegen gestiegenen Preise protestiert hätten. Die OVKS-Truppen würden aber nicht dauerhaft in Kasachstan bleiben. Sie würden abgezogen, sobald ihre Aufgabe erfüllt sei und Tokajew meine, sie würden nicht mehr benötigt.

Ein Sprecher Tokajews hatte am Sonntag erklärt, er rechne damit, dass die OVKS-Einheiten wohl nicht länger als eine Woche in Kasachstan bleiben. Zu dem Bündnis gehören neben Russland und Kasachstan auch Belarus, Armenien, Tadschikistan und Kirgistan.

Tokajew sagte, der versuchte Staatsstreich sei von einem "einzelnen Zentrum" ausgegangen. "Unter dem Deckmantel spontaner Proteste brach eine Welle von Unruhen aus (...) Es wurde klar, dass das Hauptziel darin bestand, die verfassungsmäßige Ordnung zu untergraben und die Macht zu ergreifen." Unter den Angreifern seien auch im Ausland ausgebildete islamische Extremisten gewesen. Hauptziel sei die Großstadt Almaty gewesen. Wäre sie gefallen, hätte das den Weg für eine Übernahme des dicht besiedelten Südens und dann des ganzen Landes geebnet, sagte Tokajew. Kasachstan werde der internationalen Gemeinschaft bald Beweise dafür liefern. In Almaty selbst wurde am Montag damit begonnen, ausgebrannte Fahrzeuge von den Straßen zu entfernen. Viele Geschäfte öffneten wieder, das Internet war erstmals seit Mittwoch wieder verfügbar.

China erklärte, man sei bereit, die Zusammenarbeit mit Kasachstan bei den Themen Strafverfolgung und Sicherheit zu verstärken und gegen Einmischungen externer Kräfte zu helfen. Laut Experten sorgt sich die Volksrepublik, eine Instabilität des Nachbarn könne unter anderem Energieimporte und die Sicherheit in seiner westlichen Region Xinjiang bedrohen. Diese hat eine 1770 Kilometer lange Grenze mit Kasachstan. Kasachstan ist zudem der weltgrößte Uran-Produzent.

Bei den schwersten Unruhen in Kasachstan seit der Unabhängigkeit von Russland vor 30 Jahren waren nach Angaben von Regierung und Polizei 164 Menschen gestorben. Fast 8000 Personen wurden festgenommen, darunter viele Ausländer. Viele Menschen in Kasachstan werfen den Behörden und der Elite des ölreichen Landes Bereicherung vor, während die meisten der rund 19 Millionen Kasachen arm bleiben. Tokajew hatte das Amt 2019 von dem jahrzehntelangen Machthaber Nursultan Nasarbajew übernommen.

Die Außenminister europäischer Länder wollen nach Angaben Frankreichs in diesen Tagen über eine Reaktion auf die Niederschlagung der Unruhen beraten. Es gehe um mögliche Maßnahmen, die zeigen sollten, dass das Vorgehen der kasachischen Regierung missbilligt werde. US-Außenminister Antony Blinken hatte den Schießbefehl der kasachischen Regierung kritisiert, den Tokajew zur Niederschlagung möglicher weiterer Unruhen gegeben hatte.