BERLIN (dpa-AFX) - Pflegebedürftige und Pflegende sollen nach Plänen von Politikern von einer neuen Bundespflegekammer profitieren. So eine Einrichtung könnte ähnlich wie die Bundesärztekammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine professionelle Versorgung der Betroffenen nach den aktuellen Standards organisieren. In immer mehr Bundesländern entstehen derzeit Pflegekammern. Rückenwind kam von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

"Pflege braucht eine gute Interessenvertretung", sagte Spahn der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag). "Kammern können dafür eine Lösung sein."

Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte für sein Land am Mittwoch angekündigt, dass es einen Gesetzentwurf für die Einrichtung einer NRW-Kammer noch vor der Sommerpause geben soll. Das Gesetz solle 2020 in Kraft treten. Die Fachkräfte im Land hatten laut einer Umfrage mit großer Mehrheit die Gründung einer Pflegekammer befürwortet.

In Baden-Württemberg bereitet das Sozialministerium derzeit die gesetzlichen Voraussetzungen zur Errichtung einer Pflegekammer vor. "Mir ist es wichtig, dass die Pflegefachkräfte in Baden-Württemberg auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen agieren können und in ihrem Selbstverständnis gestärkt werden", sagte Sozialminister Manne Lucha (Grüne).

Spahn sagte, eine Pflegekammer müsse von den Pflegekräften getragen werden. "Nur mit diesem Rückhalt ist eine Interessenvertretung schlagkräftig - auch auf Bundesebene." Die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag (CDU), begrüßte entsprechende Erwägungen, erläuterte aber, eine solche Kammer würde eine Pflichtmitgliedschaft nach sich ziehen.

Der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, tritt schon seit Jahren für Pflegekammern ein - auch bereits vor seinem derzeitigen Amt. Der "Rheinischen Post" sagte er nun: "Ich hoffe sehr, dass die Gründung einer Pflegekammer nun auch in Nordrhein-Westfalen die letzten Dämme für eine Bundespflegekammer bricht." Er rief die Pflegeverbände dazu auf, eine eigene Institution zu schaffen - als Ansprechpartner für die Politik und für mehr Zusammengehörigkeit aller Pflegefachkräfte.

Bereits im September hatte sich eine Gründungskonferenz für eine Bundespflegekammer als Dach der Landespflegekammern konstituiert. Initiatoren waren die bereits bestehende Pflegekammer von Rheinland-Pfalz und der Deutsche Pflegerat.

Die Grünen-Pflegeexpertin Kordula Schulz-Asche nannte die Zeit für eine Bundespflegekammer "reif". Neue, flexiblere und effizientere Versorgungsstrukturen in Stadt und Land müssten geschaffen werden. Die Linke-Pflegeexpertin Pia Zimmermann nannte Spahns Äußerungen "Augenwischereien und Ablenkungsmanöver" - nötig seien ein besserer Personalschlüssel, gute Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen.

Ärger gibt es derzeit bei der erst 2017 per Gesetz beschlossenen Pflegekammer in Niedersachsen. Nachdem die Kammer vor Weihnachten Beitragsbescheide versandt hatte, forderten in einer Online-Petition 40 000 Unterzeichner die Abschaffung der noch jungen Einrichtung. Die Betroffenen sollten 140 Euro fürs Jahr 2018 zahlen. Um weniger zu zahlen, sollten Mitglieder ihr steuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen angeben. Erst dann sollte ein neuer Bescheid über 0,4 Prozent der Jahreseinkünfte erstellt werden. Nun will die Kammer ihre Beitragsordnung ändern./bw/DP/jha