Berlin/Düsseldorf (Reuters) - Die Welle drastischer Preiserhöhungen für Strom und Gas ebbt nicht ab.

In 692 Fällen hätten Stromgrundversorger ihre Preise erhöht oder dies angekündigt, teilte das Online-Portal Check24 am Montag mit. Das seien 52 mehr als eine Woche zuvor. Die Zuschläge lägen im Schnitt bei 65,1 Prozent. Betroffen seien gut 4,3 Millionen Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 5000 Kilowattstunden bedeute dies Zusatzkosten von 1068 Euro pro Jahr. 43 Grundversorger hätten ihre Preise zum Jahreswechsel im Schnitt um 2,2 Prozent gesenkt. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rief die Strom- und Gasversorger auf, "unter allen Umständen" Strom- und Gassperren zu verhindern.

"Durch gestiegene Kosten bei der Stromerzeugung in Kohle- und Gaskraftwerken, Produktionsrückgängen bei erneuerbaren Energien und gleichzeitig großer Nachfrage aus der Wirtschaft, sind die Strompreise aktuell besonders hoch", sagt der Geschäftsführer Energie bei Check24, Steffen Suttner. Die Senkung der Ökostromumlage zum Jahresanfang auf 3,7 Cent je Kilowattstunde nach zuvor 6,5 Cent komme voraussichtlich nicht bei den Verbrauchern an, weil die Beschaffungspreise weiterhin sehr hoch seien. Für Portale wie Check24 und Verivox gehört der Anbieterwechsel zum Geschäftsmodell.

In den vergangenen Wochen haben diverse kleinere Anbieter Insolvenz angemeldet oder ihren Kunden die Lieferungen gekündigt. Die Kunden fallen automatisch in die Grundversorgung des örtlichen Marktführers, etwa Stadtwerke und Regionalversorger. Viele von diesen haben speziell für Neukunden Tarife eingeführt, die zum Teil deutlich höher liegen als die der Bestandskunden. Verbraucherschützer und Politiker haben dies scharf kritisiert. Die Wirkung von Appellen ist offenbar begrenzt. Check24 zufolge führten 303 Grundversorger neue Tarife ausschließlich für Neukunden ein - 43 mehr als vor seiner Woche. Die Preise seien im Schnitt um rund 104 Prozent abgehoben worden, was pro Jahr für einen Musterhaushalt Zusatzkosten von 1707 Euro bedeute.

Auch beim Gas drehten viele Versorger an der Preisschraube. Dem Portal zufolge sind in 1066 Fällen Preise erhöht worden oder es sei dies angekündigt worden. Die Preiserhöhungen von im Schnitt 71,2 Prozent gelten für gut 3,6 Millionen Haushalte.

Kühnert und Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte gegenüber Reuters Hilfe für Betroffene versprochen. Kühnert sprach am Montag von der "dringenden Empfehlung", sich mit Versorger und Verbraucherschutzzentralen in Verbindung zu setzen, um unnötige Kosten zu vermeiden. Die Anbieter seien in der Verantwortung, "dass Strom- und Gassperren unter allen Umständen zu verhindern sind", fügte er hinzu. Man solle keine Schnellschüsse zulassen.

Eine Sprecherin des Wohnen- und Bauministeriums sagte, das Vorhaben eines Heizkosten-Zuschusses für Wohngeldempfänger gehe zeitnah in die Ressortabstimmung. Das Kabinett solle Ende Januar oder Anfang Februar entscheiden. Zur Höhe des einmalig erhöhten Heizkostenzuschusses wollte sie sich nicht äußern.