Moskau (Reuters) - Nach Kritik aus dem Kreml stemmt sich die russische Notenbank mit einer kräftigen Zinserhöhung gegen die Talfahrt des Rubel.

Sie beschloss am Dienstag auf einer Krisensitzung, den Schlüsselzins auf 12,00 von 8,50 Prozent anzuheben.

Die Währungshüter reagieren damit auf den Verfall der Landeswährung, die zu Wochenbeginn zum Dollar zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit fast 17 Monaten abgerutscht war. Hintergrund sind die westlichen Sanktionen gegen Russland, die zusehends auf der Handelsbilanz lasten. Zudem werden immer größere Summen in das Militärbudget für den Ukraine-Krieg gesteckt, den die Regierung in Moskau als militärische Spezialoperation bezeichnet.

In Russland baue sich Inflationsdruck auf, erklärte die Notenbank. Dies auch, weil die Produktion mit der anziehenden Binnennachfrage nicht Schritt halten könne und das Land auf steigende Importe angewiesen sei. Die Zinserhöhung ziele darauf ab, Preisstabilitätsrisiken zu begrenzen. "Die Auswirkungen der Rubel-Abwertung auf die Preise gewinnen an Dynamik und die Inflationserwartungen steigen", warnten die Währungshüter.

Zuletzt war es zu Unstimmigkeiten zwischen dem Kreml und der Notenbank gekommen. Maxim Oreschkin, der Wirtschaftsberater von Präsident Wladimir Putin, hatte kritisiert, dass die Hauptursache für die Schwächung des Rubel und die Beschleunigung der Inflation die lockere Geldpolitik sei. Der Kreml wolle einen starken Rubel sehen und erwarte eine baldige Normalisierung.

Die Notenbank hatte indes die Ansicht vertreten, Zinsschritte hätten keinen direkten Einfluss auf den Wechselkurs. Der Vizechef der Zentralbank, Alexej Sabotkin, erklärte dazu, die wachsende Nachfrage nach Importen gepaart mit der gedämpften Exportentwicklung setzten den Rubel unter Druck.

Trotz der kräftigen Zinserhöhung grenzte die Landeswährung ihre Kurs-Gewinne ein. Der Rubel lag am Vormittag ein halbes Prozent im Plus bei 97,20 gegenüber dem Dollar. In Erwartung des Entscheids hatte er am früheren Morgen bis zu 5,2 Prozent auf 92,60 zum Dollar zugelegt. Analyst Ipek Ozkardeskaya von der Swissquote Bank erwartet, dass die Auswirkungen der Maßnahmen der Zentralbank recht begrenzt bleiben dürften. "Die Abwertung des Rubels ist keine gute Nachricht für Russland, insbesondere im Hinblick auf die Finanzierung des Krieges." Ohnehin stehe die russische Wirtschaft aufgrund der geopolitischen Probleme unter Druck.

Das Land steuert auf eine Präsidentschaftswahl im März 2024 zu. Die Verbraucher ächzen unter steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel. Die Chefin der Zentralbank, Elwira Nabiullina, hatte zunächst viel Beifall aus der Politik für ihre Zinspolitik erhalten. Doch die Talfahrt des Rubel und die hohe Inflation haben ihren Stern in Moskau offenbar sinken lassen - insbesondere im nationalistischen Lager steht sie stärker in der Kritik.

Die Währungshüter in Moskau hatten den Leitzins im Juli erstmals seit den Anfängen der Invasion der Ukraine wieder erhöht. Die Teuerungsrate war vorigen Monat mit 4,3 Prozent über die von der Zentralbank angestrebte Marke von 4,0 Prozent hinausgeschossen. Die Notenbank betonte nun, sie wolle die geldpolitischen Voraussetzungen dafür schaffen, 2024 zum Stabilitätsziel zurückzukehren.

Die Währungshüter haben mit einer flexiblen Zinsreaktion maßgeblich dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts und der westlichen Sanktionen gegen Russland abzufedern. Sie hatten wenige Tage nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine Ende Februar 2022 unter dem Eindruck des damaligen Rubel-Kurssturzes den Leitzins von 9,5 Prozent auf 20 Prozent erhöht und dann schrittweise gesenkt.

(Bericht von Reuters, bearbeitet von Reinhard Becker, Mitarbeit Zuzanna Szymanska; Redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)