Frankfurt (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) wird laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde bei ihrem Kampf gegen die hohe Inflation nicht nachlassen.

Die Teuerungsrate sei weiter viel zu hoch, sagte Lagarde am Donnerstag in einer Diskussionsrunde auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. "Wir werden den Kurs so lange beibehalten, bis wir uns lange genug im restriktiven Bereich bewegt haben, um die Inflation rechtzeitig wieder auf zwei Prozent zurückzubringen", sagte sie. Unter einem restriktiven Niveau verstehen Volkswirte ein Zinsniveau, mit dem eine Volkswirtschaft gebremst wird.

Auf eine Frage aus dem Auditorium, warum an den Finanzmärkten der Kurs der Notenbank womöglich unterschätzt werde und die EZB die Märkte nicht überzeugen könne, antwortete Lagarde: "Ich würde diesen nahelegen, ihre Position zu überdenken. Ich denke, sie wären gut beraten, das zu tun." Die Börsen reagierten prompt auf die Äußerungen der EZB-Chefin. Der Dax weitet zweitweise seine Verluste aus und lag 1,57 Prozent tiefer bei 14.943 Punkten. Zuletzt hatten nachlassende Teuerungsraten Spekulationen auf ein gedrosseltes Zinstempo der großen Notenbanken an den Finanzmärkten genährt.

Die EZB hat die Schlüsselzinsen seit Juli 2022 inzwischen bereits viermal nach oben gesetzt - zuletzt im Dezember um 0,50 Prozentpunkte. Der an den Finanzmärkten maßgebliche Einlagensatz, den Banken für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, liegt damit inzwischen bei 2,0 Prozent.

Die Inflation war zuletzt gesunken und lag im Dezember noch bei 9,2 Prozent nach 10,1 Prozent im November. Doch für die EZB ist das noch kein Zeichen der Entwarnung. Die EZB blicke auf die Inflation in allen ihren Messgrößen, sagte Lagarde. "Die Inflation in allen Berechnungen, wie immer man sich das auch anschaut, ist viel zu hoch," sagte sie. Die Kerninflation, in der die schwankungsreichen Preise für Energie, Lebensmittel, Alkohol und Tabak rausgerechnet sind, war zuletzt im Dezember sogar auf 5,2 Prozent gestiegen von 5,0 Prozent im November.

Zur Wirtschaftsaktivität sagte Lagarde, die Nachrichten seien in den vergangenen paar Wochen viel positiver geworden. Inzwischen werde nur noch von einem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung gesprochen. Zu sehen seien derzeit schwächere Wirtschaftsaktivitäten verglichen mit einem exzellenten Jahr 2022. Die Wachstumsprojektionen für 2023 lägen dagegen nur bei 0,5 Prozent. "Somit ist das kein brillantes Jahr, aber es ist viel besser, als das, was wir befürchtet hatten."

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Sabine Ehrhardt; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)