Von Hans Bentzien

FRANKFURT (Dow Jones)--Der Berliner Jurist Markus C. Kerber hat die Europäische Zentralbank (EZB) davor gewarnt, die Renditedifferenzen (Spreads) der Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder gegenüber Bundesanleihen über Anleihekäufe zu begrenzen. In einer aktuellen Stellungnahme fordert Kerber zudem Bundesbankpräsident Joachim Nagel dazu auf, einen etwaigen Beschluss des EZB-Rats dieses Inhalts nicht umzusetzen.

"Beschließt die EZB ... ein Zinssteuerungsinstrument zwecks Verhinderung der Zinsfragmentierung im Euroraum, wie bereits von Madame Lagarde und EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel angekündigt, das zum gegebenenfalls unbegrenzten Aufkauf von Anleihen bestimmter Problemländer ermächtigt, so stünde dies in krassem Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts", heißt es in einer Stellungnahme Kerbers.

Der Jurist hatte zuletzt vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen die Staatsanleihekäufe der EZB und zuvor gegen Pläne für Outright Monetary Transaction (OMT) Beschwerde eingelegt. "Bereits in seinem OMT-Urteil vom 21.6.2016 hatte der Zweite Senat klargestellt, dass selektive Aufkäufe von Problemländer-Anleihen nur im Zusammenhang mit einer strengen Konditionalität möglich sind und überhaupt zeitlich und quantitativ begrenzt werden müssten", schreibt Kerber.

Berichten zufolge sehen die Pläne der EZB für ihren Transmission Protection Mechanism (TPM) nur laxe Auflagen vor. Allerdings werden die rechtlichen Implikationen des TMP noch diskutiert, und es ist nicht sicher, dass das Programm bereits bei der nächsten Sitzung am 20./21. Juli im EZB-Rat diskutiert wird.

Für den Fall seiner Umsetzung hält Kerber die Bundesregierung nicht nur für "berechtigt sondern auch verpflichtet, den Austritt aus der Währungsunion zu überprüfen". "Doch bevor es dazu kommt, müsste der Präsident der Bundesbank überprüfen, ob er weiterhin berechtigt ist, die vom EZB-Rat gegebenenfalls gegen ihn beschlossene Geldpolitik zugunsten von Zinsnivellierungen und unter Inkaufnahme hoher Inflationsraten mitzutragen. Er darf hierzu nicht darauf warten, dass Bundestag und Bundesregierung im Rahmen ihrer Integrationsverantwortung sich zu Wort melden und trotz der Unabhängigkeit der EZB auf stabilitätspolitische Unterlassungen hinweisen."

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July 07, 2022 10:15 ET (14:15 GMT)