BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der frühere europäische Grünen-Chef und scheidende deutsche EU-Abgeordnete Reinhard Bütikofer hat seine Parteifreunde zur Unterstützung der Wiederwahl von Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin aufgerufen. "Ich denke, das Quartett aus von der Leyen, Metsola, Costa und Kallas ist wahrscheinlich das Beste, was wir bekommen können", sagte der 71-Jährige am Dienstagabend in Brüssel bei einer Veranstaltung zu seinem Abschied aus dem Europäischen Parlament. Er unterstütze das Personalpaket deshalb von ganzem Herzen und hoffe, dass Europa die Führung bekommen werde, die so dringend benötigt werde.

Kurz zuvor war bekanntgeworden, dass sich rund zwei Wochen nach der Europawahl Staats- und Regierungschefs der großen europäischen Parteienfamilien darauf verständigt haben, die CDU-Politikerin von der Leyen für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission zu nominieren. Die Einigung sieht zudem vor, dass die liberale estnische Regierungschefin Kaja Kallas den Posten der EU-Außenbeauftragten bekommt und der sozialdemokratische frühere portugiesische Regierungschef António Costa zum EU-Ratspräsidenten gewählt wird. EU-Parlamentspräsidentin soll Roberta Metsola bleiben, die wie von der Leyen der europäischen Parteienfamilie EVP angehört.

Damit von der Leyen Kommissionschefin bleiben kann, muss sie allerdings auch von der Mehrheit der Mitglieder des Europaparlaments gewählt werden. Das informelle Dreier-Bündnis von EVP, Sozialdemokraten und Liberale hat im neuen Parlament zwar theoretisch eine komfortable Mehrheit von etwa 400 der 720 Stimmen. Es wird aber für möglich gehalten, dass es eine größere Zahl von Abgeordneten gibt, die in der geheimen Wahl dann doch nicht für die Deutsche stimmen. Deswegen könnte sie auch Stimmen von den Grünen gut gebrauchen, die nach aktuellem Stand auf insgesamt 53 Sitze im Parlament kommen werden.

Einen Appell an die künftigen Grünen-Abgeordneten im Parlament richtete beim Abschied Bütikofers auch der langjährige CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok. Er sagte: "Ich hoffe, dass wir am Ende des Tages der Öffentlichkeit zeigen können, dass die Präsidentin der Kommission gewählt wird, ohne dass gesagt wird, sie sei nur wegen der Stimmen der Rechten gewählt worden. Die Demokraten sollten zusammenhalten, um zu zeigen, was es bedeutet, gemeinsam für ein vereintes Europa zu stehen." Brok war wie auch EVP-Chef Manfred Weber und von der Leyen selbst zur Verabschiedung Bütikofers gekommen.

Der China-Politik-Experte Bütikofer hatte bereits vor mehreren Jahren angekündigt, bei der Europawahl Anfang Juni nicht erneut anzutreten. Sein derzeitiges Mandat endet mit der konstituierenden Sitzung des neuen Parlaments im Juli. Er war dann rund 15 Jahre Europaabgeordneter und zudem von 2012 bis 2019 Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei. Zuvor war er unter anderem Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen (2002-2008) sowie Landesvorsitzender der baden-württembergischen Grünen (1997-1998)./aha/DP/zb