Frankfurt (Reuters) - Angesichts neu aufflammender Zinssorgen gehen die Anleger in Europa nach der Börsenrally zum Jahresanfang wieder in Deckung.

Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant, der EuroStoxx50, notierten am Dienstagvormittag je 0,6 Prozent tiefer bei 14.698 beziehungsweise 4045 Punkten. In den ersten sechs Handelstagen des neuen Jahres hatte der Dax mehr als fünf Prozent zugelegt.

Für Verunsicherung sorgten Analysten zufolge nun die Aussagen von zwei US-Notenbankern, wonach die Fed die Zinsen wahrscheinlich bis auf über fünf Prozent in die Höhe treiben und sie für einige Zeit auf diesem Niveau halten werde. "Einmal mehr hat die Fed für ein abruptes Ende der Börsenrally gesorgt", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Es werde immer deutlicher, dass die US-Notenbank ihren Leitzins für längere Zeit auf erhöhtem Niveau belassen werde. Diese Tendenz preisten die Märkte bislang aber nicht ein. An den Börsen gehe man davon aus, dass die Zinsen binnen zwölf Monaten niedriger sein würden. "Wenn diese Zinserwartung nach oben angepasst werden muss, könnte das für die Börsen noch einmal schmerzhaft werden."

Weitere Hinweise auf die künftigen Zinsschritte der Fed erhoffen sich Börsianer von den anstehenden US-Inflationszahlen. "Nun sind die Augen der Anleger auf die Verbraucherpreisdaten am Donnerstag und die Umfrage zu den Inflationserwartungen der Uni Michigan am Freitag gerichtet", sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst von CMC Markets. Zudem wird auch die am Nachmittag angesetzte Rede von Fed-Chef Jerome Powell in Stockholm bei einem Notenbank-Symposium mit Spannung erwartet.

ÖL WIRD WEGEN ZINSÄNGSTEN BILLIGER - GOLD STEIGT

Die Zinsängste belasteten den Rohölmarkt. Das US-Öl WTI und die Nordsee-Sorte Brent verbilligten sich je um bis zu 1,1 Prozent auf 73,84 beziehungsweise 78,81 Dollar je Fass. Anleger befürchteten, dass die aggressive Zinspolitik der Fed das Wirtschaftswachstum verlangsamen und damit die Kraftstoffnachfrage dämpfen werde.

Gefragt war hingegen weiterhin Gold. Der Preis für das Edelmetall klettert um 0,3 Prozent auf 1877 Dollar pro Feinunze und ist damit auf dem Weg, den höchsten Stand seit acht Monaten zu erreichen. Die Gewinne wurden durch den schwächeren Dollar begünstigt, der auf den tiefsten Wert seit sieben Monaten fiel. Dies verbilligt Gold für Käufer außerhalb des Dollar-Raums.

Bei den Einzelwerten zeigten Anleger About You nach einem schwächeren Umsatzwachstum die kalte Schulter. Die Aktien des Online-Modehändlers brachen um fast 18 Prozent ein. Dem Unternehmen machten zuletzt hohe Lagerbestände und verstärkte Rabatt-Aktionen zu schaffen.

Zudem brachen die Aktien der belgischen Öltankergruppe Euronav wegen einer aufgekündigten Fusion durch den Rivalen Frontline ein. Die Titel von Euronav sackten an der Börse in Brüssel um rund 18 Prozent ab, nachdem der kleinere in Oslo notierte Rivale mitteilte, dass er den geplanten Zusammenschluss nicht weiter betreibe. Das Aus der 4,2 Milliarden Dollar schweren Fusion ließ Anleger hingegen bei Frontline zugreifen. Die Titel zogen mehr als 20 Prozent an. Euronav kündigte an, die einseitige Kündigung der Fusion prüfen zu wollen, und behielt sich weitere Maßnahmen vor.

(Bericht von Nette Nöstlinger, Stefanie Geiger, redigiert von Christian Götz. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)