Kertsch (Reuters) - Auf der für Russland strategisch wichtigen Auto- und Eisenbahnbrücke zwischen der Halbinsel Krim und dem russischen Festland hat es erneut Explosionen gegeben.

Der Verkehr wurde unterbrochen. Vertreter Russlands sprachen von einer Notsituation. Das Ausmaß der Schäden an der Brücke, die die wichtige Meerenge zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer überspannt, war zunächst ebenso unklar wie die Ursache. Auf einem Video, das von lokalen Medien verbreitet wurde, war ein aufgespalteter Straßenabschnitt zu sehen, der sich zu einer Seite hin neigte. Reuters konnte die Echtheit des Videos nicht überprüfen.

Der russische Telegram-Kanal "Grauzone", der mit der Söldnergruppe Wagner in Verbindung gebracht wird, berichtete über zwei Explosionen am frühen Montagmorgen. Zwei Menschen seien bei dem Vorfall getötet worden, teilte der Gouverneur der russischen Grenzregion Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, mit. Ein Mädchen sei verletzt worden, sie werde auf der Intensivstation behandelt. Bei den Toten handele es sich um die Eltern des Kindes.

Russland und die Ukraine beschuldigten sich gegenseitig für den Vorfall verantwortlich zu sein. Es könne sich um eine Provokation Russlands handeln, sagte die Sprecherin des Kommandos Süd des ukrainischen Militärs, Natalja Humeniuk, im Sender Rada. Es stecke das "terroristische Regime" der Ukraine dahinter, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur RIA den Parlamentschef der Krim, die 2014 von Russland annektiert wurde.

Bereits im Oktober vergangenen Jahres kam es zu einer heftigen Explosion auf der Brücke. Das Prestigeprojekt, das der russische Präsident Wladimir Putin 2018 persönlich eingeweiht hatte, wurde zu großen Teilen zerstört. Zwei Tage später folgte die Vergeltung: Die russischen Streitkräfte starteten Luftangriffe auf Städte im ganzen Land, darunter Kiew und Lwiw im Westen. Nach der teilweisen Reparatur fährt Putin in einem Mercedes im Dezember über die 19 Kilometer lange Brücke.

Ob der Vorfall auch Auswirkungen auf eine mögliche Verlängerung des Abkommens zur Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine haben könnte, war unklar. Das Abkommen läuft am Abend aus. Das vorerst letzte Schiff mit Getreide lief am Sonntag aus dem Schwarzmeerhafen Odessa aus.

(Bericht von Lidia Kelly und Guy Faulconbridge, geschrieben von Kerstin Dörr, redigiert von Hans Busemann. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)