EZB-Chef Mario Draghi gab Börsianern das Signal, dass wohl erst im Jahr 2020 mit der Zinswende zu rechnen sei. Der Dax ging mit einem Plus von 0,5 Prozent auf 11.130 Punkten aus dem Handel. Der EuroStoxx50 legte ebenfalls ein halbes Prozent auf 3126 Zähler zu.

Die Europäische Zentralbank (EZB) ließ den seit März 2016 bei 0,0 Prozent liegenden Leitzins unverändert. Draghi sagte zudem, die zuletzt veröffentlichten Konjunkturdaten seien schlechter ausgefallen als erwartet. Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer wertete diese Äußerungen als "Sargnagel für eine frühe Zinserhöhung". Auch VP-Bank-Volkswirt Thomas Gitzel rechnet damit, dass die EZB ihre Geldpolitik länger expansiv gestaltet oder sogar eine neue Lockerung ins Spiel bringt, sollte sich die Wirtschaft weiter eintrüben.

Dem Euro versetzten die Aussagen Draghis einen Dämpfer, er fiel zeitweise auf ein Fünfeinhalb-Wochen-Tief von 1,1305 Dollar. Anleger griffen dagegen bei Bundesanleihen zu. Die Rendite der zehnjährigen Titel ging im Gegenzug auf ein Zwei-Wochen-Tief von 0,179 Prozent zurück. Auch die Renditen französischer Staatsanleihen gaben nach.

Störfeuer für die Aktienmärkte kamen derweil aus Washington. Handelsminister Wilbur Ross sagte, im Handelsstreit zwischen China und den USA sei man noch "meilenweit" von einer Lösung entfernt. In der kommenden Woche wird eine Delegation aus China in der US-Hauptstadt erwartet, um eine Beilegung des seit Monaten schwelenden Streits um höhere Importzölle zu sprechen. "Vom Handelsstreit kommen nur widersprüchliche Signale", sagte Marktexperte Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. "Einerseits scheint man weiter zu verhandeln, andererseits aber weiß niemand, wie groß die Fortschritte sind und ob es überhaupt welche gibt."

An der Wall Street hielten sich Aktionäre deshalb zurück. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte lag zu Handelsschluss in Europa kaum verändert bei 24.577 Punkten.

AKTIEN VON CHIPHERSTELLERN STEHEN HOCH IM KURS

Bei den Einzelwerten an der Börse standen Tech-Aktien hoch im Kurs, nachdem der französisch-italienische Chipentwickler STMicro und der US-Rivale Texas Instruments unerwartet solide Geschäftsergebnisse präsentiert hatten. Die Aktien von STMicro stiegen um zehn Prozent. Texas Instruments legten in New York sieben Prozent zu, Infineon in Frankfurt 6,4 Prozent. Im MDax gewannen Siltronic7,7 Prozent. Auch die Kurse des österreichischen Herstellers AMS und des Chip-Ausrüster ASML aus den Niederlanden legten zu. Der europäische Branchenindex gewann 2,2 Prozent.

Aus dem Augenwinkel beobachteten Investoren die politische Krise in Venezuela. In der Hoffnung auf ein Ende der dortigen Wirtschaftskrise griffen Anleger bei Anleihen aus dem südamerikanischen Land zu. Aktionäre des russischen Ölkonzerns Rosneft zogen sich dagegen zurück, die Titel fielen um rund drei Prozent. "Das unerfreulichste Szenario für Rosneft wäre ein Machtwechsel in Venezuela und eine Revision von Verträgen", sagte Analyst Dimitri Maritschenko von der Rating-Agentur Fitch. Das Unternehmen könnte bis zu drei Milliarden Dollar an Vorauszahlungen für venezolanisches Öl verlieren.