Die Inflationsrate lag 2020 im Durchschnitt nur bei plus 0,5 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Dezember sanken die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent zum Vorjahresmonat. Auch im November war die Teuerungsrate um 0,3 Prozent im Jahresvergleich gesunken und rangierte auf dem tiefsten Stand seit Januar 2015. Nach dem Auslaufen der gesenkten Mehrwertsteuer rechnen Ökonomen für Anfang 2021 mit einem deutlichen Anstieg bei der Inflation. So erwartet die Commerzbank für Januar einen Wert von rund 1,5 Prozent. "Zumindest für kurze Zeit gibt es für die deutsche Inflation nur eine Richtung: nach oben", sagte der Deutschland-Chefvolkswirt der ING-Bank, Carsten Brzeski.

Die Bundesregierung hat die Mehrwertsteuer von Juli bis Ende 2020 vorübergehend von 19 auf 16 Prozent gesenkt, um Konsum und Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln. Während Ökonomen vom Münchner Ifo-Institut unter Berufung auf Umfragen erklärten, die Maßnahme habe ihr Ziel weitgehend verfehlt, zogen die Berliner DIW-Forscher eine eher positive Bilanz. Wegen der coronabedingten Rezession konnten auch viele Firmen bei ihren Kunden steigende Preise nur schwer durchsetzen. Die Verbraucher profitierten 2020 jedoch von der günstigen Energie.

BILLIG TANKEN - TEURE BRATWURST

So machten in Nordrhein-Westfalen die Statistiker die stärksten Preissenkungen im Jahresdurchschnitt bei leichtem Heizöl (-26,4 Prozent) und Dieselkraftstoff (-10,1 Prozent) aus, "während vor allem Bratwurst (+10,0 Prozent) und Äpfel (+9,2 Prozent) im Jahr 2020 teurer als im Vorjahresdurchschnitt angeboten wurden". Energie lag auch bundesweit im Dezember sechs Prozent unter dem Niveau vor Jahresfrist. Nahrungsmittel hingegen verteuerten sich Ende 2020 um 0,5 Prozent und damit weniger stark als zuletzt, während Dienstleistungen 1,1 Prozent mehr kosteten als vor Jahresfrist.

Für die Europäische Zentralbank (EZB) sind sinkende Preise in der größten Volkswirtschaft der Währungsunion ein Problem, strebt sie doch eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent im Euroraum an. "Die EZB wird sich in ihren Dezember-Beschlüssen bestätigt sehen und an der ultralockeren Geldpolitik festhalten", betonte Ralf Umlauf von der Helaba.

Wegen der nun wieder höheren Mehrwertsteuer und der CO2-Abgabe aus dem Klimapaket schnellt die Inflationsrate im Januar voraussichtlich nach oben. In der zweiten Jahreshälfte 2021 dürfte der Wert nach Einschätzung von Commerzbank-Experte Marco Wagner "zeitweise sogar deutlich über zwei Prozent liegen". Die Ökonomen der Deutschen Bank rechnen im Gesamtjahr aber nicht mit spürbar mehr Preisdruck: "Trotz wieder höherer Ölpreise, des Auslaufens der Mehrwertsteuersenkung und potenziell höherer administrativer Preise als Folge der Krise und geringerer Staatseinnahmen erwarten wir im Jahr 2021 lediglich eine Inflation von 1,4 Prozent." Das gewerkschaftsnahe IMK-Institut geht von einer Steigerung um 1,3 Prozent aus.