BERLIN (Dow Jones)--Nach dem Vorschlag von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) einer längeren Aussetzung der Schuldenbremse gibt es in der Union trotz heftiger Kritik teilweise Unterstützung. "Ich sehe angesichts der andauernden Pandemielage auch für das nächste Jahr die Begründung für einen Katastrophenfall, der ein drittes Mal das Aussetzen rechtfertigen könnte", sagte der Vorsitzende der finanzpolitischen Sprecher der Union, Mike Mohring (CDU), dem Tagesspiegel. Ein generelles längeres Aussetzen, wie von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) vorgeschlagen, lehne er jedoch ab.

Mohring wies auch die von Braun ins Spiel gebrachte Grundgesetzänderung zurück. "Die Begründung der Ausnahme vor dem Bundestag, die Aussprache dazu und die Zustimmung durch das Parlament im Rahmen der jährlichen Haushaltsberatung müssen bestehen bleiben." Es habe viel Mühe und Kraft gekostet, diese Verfassungsnorm durchzusetzen.

Braun hatte angesichts der coronabedingten finanziellen Belastungen in einem Gastbeitrag des Handelsblattes die längere Aussetzung der Schuldenbremse vorgeschlagen. Gleichzeitig sprach er sich dagegen aus, in den kommenden Jahren weiter wie 2020 und 2021 die Ausnahme für Naturkatastrophen zu nutzen. Nach heftiger Kritik aus den eigenen Reihen stellte der Kanzleramtschef bei Twitter klar, dass er die Schuldenbremse selbst nicht in Frage gestellt habe.

Indes bekam Braun auch Unterstützung von Ökonomen. Ein solches Vorgehen sei "alternativlos", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, Marcel Fratzscher. Er halte den Vorschlag für "konsequent, logisch, unausweichlich, für Realpolitik und er folgt dem gesunden Menschenverstand", sagte er der Passauer Neuen Presse. Der nächsten Bundesregierung werde gar keine andere Wahl bleiben. "Die muss sich ehrlich machen und sagen, dass sie die Schuldenbremse 2022 und die Jahre danach nicht wird einhalten können", so der DIW-Präsident. "Man darf keine falschen Versprechen abgeben, auch nicht im Wahljahr."

Auch die Grünen sprechen sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. Statt einer Aussetzung schlug der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler, jedoch eine Veränderung vor. Es brauche einen deutlich größeren Spielraum für Investitionen, sagte er im Deutschlandfunk. Nötig sei ein Finanzrahmen von 500 Milliarden Euro für die nächsten zehn Jahre vor. Damit könne man unter anderem in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung investieren.

(Mitarbeit: Andrea Thomas)

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January 27, 2021 02:49 ET (07:49 GMT)