Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Bauindustrie hat nach den SPD-Plänen zur Stärkung der Infrastruktur ein schnelles Regierungshandeln und nicht nur leere Worte gefordert. Vier von fünf Wirtschaftsunternehmen würden durch schlechte Infrastrukturen, vor allem der Straße, in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt, wie die Bauindustrie erklärte. Diese könnten sich künftig gegen den Standort Deutschland entscheiden. Am Vorabend hatte die SPD-Führung auf ihrer Klausur eine Resolution beschlossen, in der sich die Partei für "ein Comeback der Infrastrukturpolitik für das 21. Jahrhundert" starkmacht.

"Die SPD hebt die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur zu Recht auf die Agenda, die Lösungen müssen aber umfassender sein. Mehr Tempo wird nicht allein durch das Bekenntnis zur Halbierung der Genehmigungszeiten erreicht", erklärte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. "Es braucht mehr Anreize für Innovationen, kürzere Bauzeiten und CO2-Reduktion beim Bau von Schiene, Straßen und Wasserstraßen."

Seit Jahren würde eine verlässliche Infrastrukturfinanzierung diskutiert, jedoch ohne Ergebnis. Die im Koalitionsvertrag versprochene Investitionsoffensive müsse deshalb nun kommen, wie die Bauindustrie forderte.

Müller appellierte zudem an die SPD, dass sie als Kanzler-Partei jetzt Führung übernehmen und das Knowhow der Baubranche nutzen sollte, damit die Verkehrsinfrastruktur nicht zum Risikofaktor für Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand werde. Er monierte allerdings, dass der für Dienstag geplante Mobilitätsgipfel eine gute Gelegenheit gewesen wäre, die die Bundesregierung aber leider verstreichen lasse.


   SPD will modernste und nachhaltigste Verkehrsinfrastruktur 

Am Sonntagabend hatte sich die SPD-Führung in ihrer Resolution für den Verkehrsbereich die "modernste und zugleich nachhaltigste Verkehrsinfrastruktur Europas" zum Ziel gesetzt. Beim Ausbau der digitalen Infrastruktur macht sich die SPD für eine Reform der Ausbauverfahren sowie eine Fortsetzung und Neujustierung der Förderprogramme für Mobil- und Glasfasernetze stark, um so zu einer Beschleunigung des Ausbaus und gleichwertigen Lebensverhältnissen zu kommen.

Außerdem will die SPD die Bildung stärken und durch die Zuwanderung von Fachkräften dem demografischen Wandel in Deutschland begegnen. In einem weiteren Punkt will die SPD den Staat modernisieren, etwa durch eine digitale Verwaltung und schnellere Planungs- und Baugenehmigungen.


   SPD will Comeback der Infrastruktur 

Insgesamt geht es der SPD um die Stärkung des Industrielands, der regionalen Wertschöpfung und der Netze. "Wir müssen zukunftsträchtige Schlüsseltechnologien zumindest zeitlich befristet stärker fördern und Zukunftsinvestitionen stark vereinfachen", heißt es in der beschlossenen Erklärung. Die SPD will die Grundstoffindustrie sowie den Aufbau von Produktionsstätten für Zukunftstechnologien wie etwa moderne Halbleiter oder Batterien stärken. Mit umfassenden Superabschreibungen sollen zudem gezielte Anreize für private Investitionen in Zukunftstechnologien gesetzt werden. Auch will die Partei die Einrichtung eines staatlichen Transformationsfonds prüfen.

Mit Blick auf Energie, Mobilität und Datenwirtschaft will die SPD die Netze stärken. "Die Energie der Zukunft braucht Netze der Zukunft: Daher muss der Staat den Rahmen für den Aufbau von Pipelines, Speicherkapazitäten und Kraftwerken setzen, die Gesamtkoordinierung sicherstellen und wo nötig finanzielle Anreize schaffen", heißt es in dem SPD-Beschluss. Zudem komme dabei dem Ausbau europäischer Netze und einer echten europäischen Energieunion eine zentrale Rolle zu.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/flf

(END) Dow Jones Newswires

January 09, 2023 06:32 ET (11:32 GMT)