Frankfurt (Reuters) - Die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin sieht einen erneuten plötzlichen und starken Zinsanstieg als eines der größten Risiken für den Finanzsektor.

Schon jetzt drückten die abrupt gestiegenen Zinsen auf die Profitabilität vieler Banken, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bafin-Bericht "Risiken im Fokus." Die hohen Zinsen führten bereits zu kurzfristigen Verlusten in den Wertpapierportfolien einiger kleinerer Institute wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken. "Ein weiterer plötzlicher und starker Zinsanstieg würde manche Institute stark belasten", heißt es im jährlichen Bericht der Aufseher zu den aktuellen Risikotreibern für den deutschen Finanzmarkt. Laut Bafin wiesen zur Mitte des vergangenen Jahres 34 Prozent der deutschen Finanzinstitute ein erhöhtes Zinsänderungsrisiko aus.

"Bei vielen kleineren Banken sind die stillen Reserven als erste Verteidigungslinie jetzt aufgebraucht", sagte BaFin-Präsident Mark Branson am Montag bei der Vorlage des Berichts. "Wir beschäftigen uns jetzt vorrangig mit der Kapitalplanung von Instituten mit wenig Überschusskapital und hohen Zinsänderungsrisiken." Insgesamt hätten die Banken dank ihrer Reserven "den bisherigen Zinsschock verkraftet", langfristig sollten sie von den höheren Zinsen profitieren. Größere Kreditinstitute erwirtschafteten bereits im vergangenen Jahr einen Zinsüberschuss und steigerten ihre Gesamtkapitalrendite.

RISIKEN BEI IMMOBILIEN, DURCH KREDITAUSFÄLLE UND CYBERATTACKEN

Für das Jahr 2023 zählen die Aufseher auch die Korrekturen an den Immobilienmärkten zu den Hauptrisiken. Wenn Haushalte ihre Darlehen nicht mehr zurückzahlen können und wenn Banken mehrere Sicherheiten gleichzeitig verwerten müssen, entstehe dadurch ein Risiko für die Finanzstabilität. Besonders hohen Risiken seien laut Bafin Projektentwickler von Gewerbeimmobilien ausgesetzt.

Banken müssten außerdem auf Kreditausfälle im Mittelstand und bei den energieintensiven Unternehmen vorbereitet sein, sagte Branson. Das Risiko für Insolvenzen in der Realwirtschaft sei deutlich gestiegen. Auch Schattenbanken "hätten das Zeug, einen Crash auszulösen". Auch Cyberattacken und eine unzureichende Geldwäscheprävention nennt die Bafin als Risikofaktoren. Laut Branson seien in der letzten Zeit vor allem mittelgroße Versicherungsunternehmen zum Ziel von Cyberangriffen geworden.

Als branchenübergreifende Zukunftsrisiken identifiziert die Bafin die digitale Transformation, den Wandel in Richtung Nachhaltigkeit sowie geopolitische Risiken, die die Geschäftsmodelle im Finanzsektor prägen würden.

(Bericht von Marta Orosz. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)