Die Obergrenzen für ausländische Beteiligungen an Fahrzeugherstellern sollen binnen fünf Jahren ganz wegfallen, wie die Nationale Entwicklungs- und Reformkommission am Dienstag mitteilte. Bereits in diesem Jahr dürften demnach die Autobauer aus dem Ausland Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen voll in eigener Regie bauen. Der seit 1994 geltende Zwang zu Joint Ventures soll für Nutzfahrzeuge 2020 und im gesamten Pkw-Sektor im größten Automarkt der Welt 2022 geöffnet werden. Beim Flugzeug- und Schiffsbau soll dies sogar ebenfalls schon in diesem Jahr soweit sein.

Der Automobilverband VDA und die Bundesregierung begrüßten die Marktöffnung. Es sei ein Signal in die richtige Richtung, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. "Jetzt kommt es darauf an, ob den Worten Taten folgen."bMW, Daimler und Volkswagen erklärten, derzeit keinen Änderungsbedarf zu sehen und mit ihren bewährten Joint-Venture-Partnern wie bisher weiterarbeiten zu wollen.

PEKING VERSPRICHT SEIT JAHREN ÖFFNUNG VON SCHLÜSSELBRANCHEN

Präsident Xi Jinping hatte eine baldige Öffnung in der vergangenen Woche angekündigt, was auch als Versuch gewertet wurde, im Handelsstreit mit den USA Druck aus dem Kessel zu nehmen. Ganz neu sind die Versprechen allerdings nicht: Seit 2013 stellen chinesische Behörden regelmäßig in Aussicht, dass die seit mehr als zwei Jahrzehnten geltenden Beteiligungsgrenze für Ausländer an gemeinsamen Autofirmen angehoben werden soll, um ihnen eine Kontrollmehrheit zu ermöglichen. Seit 1994 müssen ausländische Autobauer in China heimische Partner ins Boot holen und dürfen maximal 50 Prozent an den Gemeinschaftsunternehmen halten.

Die schon in diesem Jahr mögliche Liberalisierung im Markt für E-Autos dürfte insbesondere dem US-Pionier Tesla zugutekommen, der ein Werk in Shanghai aufbauen will - aber nur unter eigener Regie. Für die deutsche Autoindustrie ist China der wichtigste Markt. VDA-Präsident Bernhard Mattes nahm daher auch die Pläne der Führung in Peking positiv auf. "Chinas Ankündigung ist ein wichtiger Schritt für offenere Märkte und ein klares Zeichen für freien Wettbewerb. Diesen Weg der Öffnung des eigenen Marktes sollte China weiter gehen."

DEUTSCHE AUTOBAUER WOLLEN CHINESEN NICHT VERPRELLEN

BMW, Daimler und VW haben sich mit den lange geltenden Vorschriften arrangiert und sind darauf bedacht, ihre chinesischen Partnerunternehmen nicht zu irritieren. "Wir sind zufrieden mit unserer erfolgreichen Aufstellung in China und mit unseren Partnerschaften", erklärte Daimler, die mit BAIC Motor und BYD gemeinsam in China produzieren. Man verfolge die regulatorische Entwicklung selbstverständlich genau. Volkswagen arbeitet schon lang mit SAIC und FAW zusammen. "Die bestehenden Joint Venture werden davon nicht betroffen sein", sagte ein Sprecher. VW werde genau analysieren, welche neuen Optionen sich ergäben. BMW, die mit Brilliance und für Elektroautos der Marke Mini demnächst mit Great Wall Motors zusammenarbeiten, erklärte, jede Entscheidung über die Höhe der Anteile werde einvernehmlich mit dem Partnerunternehmen fallen.

Die Arbeitsteilung zu ändern oder die Kontrolle als Eigentümer zu übernehmen, berge mehr Risiken als Chancen, erklärte James Chao vom Beratungsunternehmen IHS Markit. Eine größere Beteiligung könne zwar mehr Gewinn abwerfen. "Aber sie sind schon zu abhängig von ihren chinesischen Partnern, um diese Verbindung zu kappen." Ein Vertreter von General Motors erklärte, auch beim Wegfall der Beteiligungsgrenze an seinem Partner SAIC festzuhalten. Ohne diesen wären die Amerikaner längst nicht so erfolgreich, ergänzte er.

HANDELSSTREIT UM HIRSE UND HANDYBAUTEILE

Der begrenzte Marktzugang in China ist einer der Streitpunkte im Handelskonflikt, den US-Präsident Donald Trump zuletzt befeuert hatte. Er wirft China auch unfaire Handelspraktiken wie Dumpingpreise und Diebstahl von Technologie-Know-how vor. Nach neuen Zöllen auf Stahl- und Aluminium-Importe kündigte er deswegen kürzlich zusätzliche Abgaben auf chinesische Importe im Volumen von 50 Milliarden Dollar an. Die Regierung in Peking drohte mit Vergeltung.

Der Handelsstreit schwelt auch an anderen Fronten. Das Handelsministerium in Peking verhängte vorübergehende Strafzölle auf Hirse-Einfuhren aus den USA. Zuvor hatte das Handelministerium in Washington US-Firmen den Verkauf von Bauteilen an den chinesischen Handy- und Netzwerkbauer ZTE für sieben Jahre verboten. Hintergrund ist ein Verstoß gegen Iran-Sanktionen, den ZTE eingeräumt hatte. Allerdings soll das Unternehmen dann den Auflagen nicht nachgekommen sein, wie der Entlassung und Bestrafung verantwortlicher Mitarbeiter. Für ZTE, den viertgrößten Smartphone-Anbieter in den USA, dürfte das gravierende Folgen haben: Schätzung von Experten zufolge stammen bis zu 30 Prozent seiner Produktkomponenten von US-Unternehmen.