Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung setzt für mehr Wachstum in Deutschland auch auf finanzielle Anreize für längeres Arbeiten.

Dies soll laut Bundeskanzler Olaf Scholz Teil des Dynamisierungspakets sein, dass die Regierung mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt für 2025 auf den Weg bringen will. Ziel sei es, das Arbeitsangebot auszuweiten, sagte Scholz am Montag auf dem Tag der Industrie in Berlin. Im Streit um den Bundeshaushalt erhöhte die SPD-Fraktion ihren Druck zur Lockerung der Schuldenbremse, was Finanzminister Christian Lindner und seine FDP kategorisch ablehnen. Grünen-Co-Parteichefin Ricarda Lang erklärte, ihre Partei werden in den Haushaltsverhandlungen den Sozialstaat verteidigen.

Scholz zufolge will die Koalition "freiwilliges längeres Weiterarbeiten deutlich attraktiver machen". Arbeitsanreize sollten generell erhöht werden, etwa durch steuerliche Anreize. Details nannte der Bundeskanzler nicht. Diskutiert wird in der Ampel unter anderem die Überlegung, Beschäftigte besserzustellen, die über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus freiwillig länger arbeiten. Ein Möglichkeit wäre, dass die auf ihren Lohn fälligen Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung an die Arbeitnehmer ausgezahlt würden.

SPD-FRAKTIONSFLÜGEL POCHEN AUF AUSNAHME VON SCHULDENBREMSE

Die Bundesregierung will ihr Dynamisierungspaket erklärtermaßen zusammen mit dem Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 auf den Weg bringen. Lindner spricht von einem Paket für eine Wirtschaftswende. Bislang ist in den Gesprächen von Scholz und Lindner mit Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aber keine Einigung in Sicht. Nach bisheriger Planung soll das Kabinett den Etatentwurf am 3. Juli beschließen.

Scholz nannte am Montag nicht mehr das konkrete Datum, sondern nur noch den Monat. "Wir haben vor, den Haushalt im Juli zu beschließen", sagte Scholz beim Tag der Industrie. Alles, was er aus den Gesprächen mitnehme, sehe "sehr danach aus".

Aus der SPD-Fraktion stieg der Druck, durch Ausnahmen von der Schuldenbremse eine höhere Neuverschuldung zu erlauben und so mehr Spielraum im Haushalt zu schaffen. "Angesichts der außergewöhnlichen Notsituationen in der Ukraine und den deutschen Flutgebieten sollten wir auch in diesem Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen", forderten die drei Fraktionsflügel - Seeheimer Kreis, Parlamentarische Linke und Netzwerk Berlin - in einer gemeinsamen Erklärung.

Lindner will dagegen die im Grundgesetz verankerte Deckelung der Neuverschuldung einhalten. "Die Schuldenbremse gilt, und wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben", sagte der FDP-Chef Welt-TV. Der Finanzminister hatte wiederholt auch einen strikteren Kurs bei den Sozialausgaben gefordert.

Das stößt nicht nur bei der SPD, sondern auch bei den Grünen auf Vorbehalte. "Wir werden den Sozialstaat verteidigen, und wir werden den sozialen Zusammenhalt in diesem Land auch in den Haushaltsverhandlungen verteidigen", sagte Grünen-Co-Chefin Lang vor Journalisten. Grünen-Vizefraktionschef Andreas Audretsch mahnte: "In dieser schwierigen Zeit darf es kein Kaputtsparen geben." Man könne weder den Ukraine-Krieg ignorieren noch Klimakrise und Hochwasser ausblenden. "Die Kindergrundsicherung muss finanziert sein, Jugendarbeit und Kitas dürfen nicht kaputt gespart werden", erklärte Audretsch.

(Bericht von Holger Hansen und Andreas Rinke, redigiert von Sabine Ehrhardt. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)