FRANKFURT (Dow Jones)--Weiter aufwärts bei DAX & Co dürfte es auch in der kommenden Woche gehen - und die magische Marke von 20.000 Punkten könnte bald fallen. Die Bullen bekommen jeden Tag neue Argumente, dass ihre optimistische Stimmung nicht nur aus Hoffnung und Hype besteht, sondern harte Fakten dahinterstehen. Und die kommen aus sämtlichen Bereichen: Allen voran die Hoffnung auf globale Zinssenkungen, bessere Konjunkturdaten, dazu eine starke Berichtssaison und die Bestätigung, dass es sich bei Kurstreiber-Themen wie der Künstlichen Intelligenz (KI) eben nicht nur um einen Hype handelt. Das Wort von der "Goldilocks"-Umgebung für die Börsen wird zwar gerne überstrapaziert, doch diesmal trifft es zu.


   Gute Stimmung kein Zeichen für Übertreibung 

Angst vor großen, runden Kursmarken als Zeichen von Überspekulation müssen Anleger auch nicht haben. Denn auf einem Kursniveau von um die 18.800 Punkte im DAX wäre die 20.000er-Marke bereits erreicht, wenn er zwei Wochen lang mit rund 0,6 Prozent täglich zulegt. Das sind keine Kursbewegungen, die als übertriebene Euphorie gewertet werden müssen.

Selbst in den USA, wo die Rally schon sehr viel länger läuft, sind solche Zeichen nicht erkennbar. Der Markt dort ist bullish, aber auf einem gesunden Niveau. So zeigt die jüngste Stimmungsumfrage des US-Anlegerverbandes AAII, dass 40,8 Prozent der US-Privatanleger bullish und nur 23,8 Prozent bearish sind. Hier muss man nicht gleich dagegenhalten, denn wie gute Strategen festgestellt haben, brauchen die US-Börsen eine positive Stimmung um zu steigen. Und von Übertreibungen ist man damit noch weit entfernt: So etwas wurde nämlich im vergangenen Jahr bei fast 53 Prozent Bullen am Markt gemessen.


   Nur gute Nachrichten von Zins- und Konjunktur- und Unternehmensseite 

Dazu kommt ein wirklich seltener Gleichklang von guten Nachrichten aus allen Bereichen: Ganz vorne natürlich die Hoffnung, dass der Zinshöhepunkt in den USA und Europa überschritten wurde. Auf eine erste Senkung bei der Europäischen Zentralbank (EZB) setzen Marktteilnehmer im Juni. Die Hoffnung dazu wurde im Wochenverlauf befeuert von einer Zinssenkung um 25 Basispunkte in Schweden.

In den USA deuten die Daten vom Arbeitsmarkt auf eine Abkühlung hin. Genau dies wollte die US-Notenbank als Voraussetzung für Zinserleichterungen sehen. Und auch die Sitzung der Bank of England machte Hoffnung. So unterstrich Holger Schmieding, Chef-Volkswirt bei Berenberg, dass zwei Notenbankmitglieder sogar eine sofortige Senkung gefordert hatten und auch die Inflationsprognose gesenkt wurde. Auch hier steigt damit die Juni-Hoffnung.

Auf Konjunkturseite zeigten die Außenhandelsdaten aus China einen unerwartet deutlichen Anstieg der Importe und teils auch der Exporte - klare Signale für eine Belebung des globalen Wachstums. Aus Europa konnte Großbritannien ein BIP-Wachstum von 0,6 Prozent im ersten Quartal vermelden und damit den Weg aus der Rezession. Damit können auch die Gewinne der dortigen Unternehmen steigen.


   Berichtssaison läuft besser - Stoxx-600 ist 30 Prozent unterbewertet 

Besser als erwartet sieht es bei den Unternehmen in Europa aus: Eine Zwischenbilanz zur Berichtssaison des ersten Quartals 2024 von den Analysten der Deutschen Bank fällt sehr gut aus. Dieses Quartal sei seit Ende 2022 wieder das erste mit einem durchgängigen Gewinnwachstum im Stoxx-600-Index.

Bislang hätten rund zwei Drittel der Unternehmen aus diesem marktbreiten Europa-Index berichtet. Bei den Gewinnüberraschungen hätten 61 Prozent auf der positiven Seite gelegen. Auch die vermeldeten Gewinne hätten per Saldo rund 7 Prozent über den Konsenserwartungen gelegen.

Und bei den Ausblicken auf das Jahr 2024 hätten ihn 12 Prozent erhöht, während nur 5 Prozent die Guidance gesenkt hätten. In ihren Markterwartungen für 2024 heben sich die Deutsche-Bank-Strategen daher deutlich von denen am Gesamtmarkt ab: Für das Gesamtjahr erwarten sie ein Gewinnwachstum von 5 Prozent - während der breite Analystenkonsens noch von einer Schrumpfung um 2 Prozent ausgeht.

Mit den Gewinnschätzungen bis 2025 hätte der Stoxx-600 dann ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12,6 erreicht, hebt Anlagestratege Ulrich Stephan hervor. Dies sei ein Abschlag von mehr als 30 Prozent unter dem des US-amerikanischen S&P 500.


   KI ist kein Hype - Nur Inflationsdaten genau beobachten 

Und selbst bei den "Hype-Themen" wie der KI sieht es weiter gut aus. Hier wird nicht nur geredet und gehofft, sondern tatkräftig investiert. Das kommt dann bei den Tech-Firmen auch in Form von Umsatz und Gewinnen an: Die neuesten Umsatzdaten von Taiwan Semiconductors (TSMC) zeigten im April einen Umsatzanstieg von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Solange der gute News Flow anhält, wird also auch die kombinierte Zins-Konjunktur-Gewinn-Rally an den globalen Aktienmärkten weiterlaufen. Nur - negative Ausreißer bei den wichtigsten Zins-Indikatoren darf es nicht geben. Hier liegt das Augenmerk auf den Verbraucherpreisen (CPI) in Europa und den USA kommende Woche. Dazu kommen noch diverse andere Preisdaten wie Import-Export-Preise und andere. Solange aber alles auf sinkende Inflation hindeutet, bleibt alles im Lot.

Bei der Berichtssaison geht es dazu munter weiter. Unter anderem mit Bayer, Rheinmetall, Commerzbank, Allianz, Telekom, Siemens und Merck KGaA. Aus Europa kommt ein Mix aus allen Branchen von der BT Group, über Burberry, Richemont, Vodafone und der Swiss Re.

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May 10, 2024 05:59 ET (09:59 GMT)