Frankfurt (Reuters) - Die Rekordjagd am deutschen Aktienmarkt hält an.

Selbst ein brutaler Kurssturz bei Merck verdarb den Anlegern die Kauflaune zur Wochenmitte nicht. Beflügelt von Zinssenkungsfantasien kletterte der Dax am Vormittag um bis zu 0,2 Prozent auf 16.572,88 Punkte und übertraf damit die erst am Dienstag erreichte Bestmarke. "Der Flurfunk an den Börsen vermeldet bereits Gerüchte, dass die Federal Reserve früher als erwartet die Zinswende einleiten werde. Solche Gedankenspiele beflügelt die Fantasie der Anleger und liefern den Treibstoff, dass auch Allzeithochs weiter gekauft werden", sagte Frank Sohlleder, Marktanalyst für ActivTrades. An den Terminmärkten wird mit einer Wahrscheinlichkeit von mittlerweile 64 Prozent auf eine erste US-Zinssenkung im März getippt.

Auch an den übrigen europäischen Aktienmärkten ging es aufwärts: Der EuroStoxx50 gewann 0,4 Prozent auf 4469 Zähler. Ein Studienflop bei seinem Medikamenten-Hoffnungsträger Evobrutinib brockte dem Pharmakonzern Merck indes den stärksten Kurseinbruch seit mehr als vierzehn Jahren ein. Die Papiere stürzten um bis zu 14,2 Prozent auf 139 Euro ab. Die Analysten von HSBC kappten das Kursziel auf 170 von 185 Euro und nahmen ihre Bewertung auf "Hold" von "Buy" zurück.

Europaweit waren hingegen Reise- und Tourismuswerte gefragt, der Branchenindex legte 1,5 Prozent zu. TUI stachen mit einem Kursplus von bis zu 10,4 Prozent auf 565 Pence hervor - der höchste Stand seit knapp vier Monaten. Der Reisekonzern hat im vergangenen Geschäftsjahr dank einer starken Sommersaison den operativen Gewinn mehr als verdoppelt.

Im ebenfalls festeren Autosektor stachen Volkswagen mit einem Plus von 3,1 Prozent auf 111,92 Euro hervor. Eine Untersuchung hat ergeben, dass es in einem Werk des Autobauers in China keine Hinweise auf Zwangsarbeit oder andere Verstöße gegen Menschenrechte gibt. Investoren, die wegen dieses Verdachts abgesprungen waren, könnten ihre Positionen nun zumindest teilweise zurückkaufen, urteilten die Analysten von Citi.

Anlegern von Fresenius schmeckte der Dividendenverzicht nicht. Die Aktien des Gesundheitskonzerns fielen um bis 2,1 Prozent auf ein Acht-Tages-Tief von 28,13 Euro. In London zogen die Aktien von Weir Group um mehr als vier Prozent an. Das Ingenieursbüro rechnet damit, im Jahr 2026 eine operative Marge von 20 Prozent zu erreichen und verdoppelte die Summe seiner angepeilten Einsparungen.

DOLLAR VOR ADP-JOBDATEN AUF ERHOLUNGSKURS

Am Devisenmarkt erholte sich der Dollar-Index von seinen jüngsten Verlusten und stand 0,3 Prozent im Plus bei 103,97 Punkten. "Der Dollar hatte sich abgeschwächt, als es so aussah, als würde die Federal Reserve ihre Zinsen senken, während andere Zentralbanken ihre Zinsen festhielten", sagte James Kniveton, ein leitender Devisenhändler bei Convera in Melbourne. "Jetzt scheint sich das zu ändern, und andere Zentralbanken folgen dem Beispiel der Fed."

Die Erwartungen an sinkende Zinssätze halfen den Preisen für Metalle überwiegend nach oben. Kupfer verteuerte sich um 0,9 Prozent auf 8405 Dollar je Tonne, der Nickel-Preis stieg um 2,4 Prozent. Die Lage am Arbeitsmarkt könnte Anlegern weitere Hinweise auf die Zinsaussichten vor der geldpolitischen Sitzung der Fed nächste Woche geben. Einen Vorgeschmack auf den offiziellen Arbeitsmarktbericht am Freitag dürften die Daten des privaten Anbieters ADP am Nachmittag liefern.

(Bericht von Anika Ross. Bei Rückfragen wenden Sie sich an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)