Von Jinjoo Lee

NEW YORK (Dow Jones)--Der Tankstellenbetreiber Travelcenters of America steht scheinbar vor einer glücklichen Fügung: Nicht nur, dass der Ölmulti BP zugestimmt hat, das Unternehmen für einen satten Aufschlag zu kaufen, es hat sich auch ein zweiter Interessent gemeldet, der ein noch höheres Angebot abgegeben hat und größere Versprechungen macht. Travelcenters möchte jedoch bei dem niedrigeren Angebot von BP bleiben. Je nachdem, wen man fragt, geht das Unternehmen entweder auf Nummer sicher oder kommt einem einzelnen Aktionär entgegen und benachteiligt damit die Mehrheit.

Am 16. Februar gab BP bekannt, dass der Konzern eine Vereinbarung über den Kauf von Travelcenters of America zu einem Preis von 86 US-Dollar pro Aktie erzielt hatte, was einem Aufschlag von 74 Prozent auf Aktienkurs vor der Bekanntwerden der Offerte entspricht. Etwa einen Monat später unterbreitete der Tankstellenbetreiber ARKO unaufgefordert ein konkurrierendes Angebot in Höhe von 92 Dollar je Aktie. Travelcenters wies die Offerte zurück und forderte die Aktionäre auf, die Übernahme durch BP abzusegnen. Laut der am Montag eingereichten Mitteilung von Travelcenters werden die Anleger am 10. Mai über die Angelegenheit abstimmen können.


   Noch keine ausgemachte Sache 

Die Märkte gehen sicherlich nicht davon aus, dass die Übernahme durch BP eine ausgemachte Sache ist. Die Travelcenters-Aktien wurden nach der Ankündigung mindestens einen Dollar unter dem Übernahmepreis von BP gehandelt - doch seit dem 23. März, dem Tag, an dem Travelcenters den Erhalt eines höheren Konkurrenzangebotes bekannt gab, erzielten sie meist einen Aufschlag. Aktienkäufer können zwar gewinnbringend darauf wetten, dass sich das höhere Übernahmeangebot durchsetzt, aber sie werden das Ergebnis nicht beeinflussen können: Anleger, die die Aktie nach dem 23. März gekauft haben, haben kein Stimmrecht in dieser Angelegenheit.

Travelcenters lehnt das Angebot von ARKO vor allem aus zwei Gründen ab. Zum einen hat das Unternehmen noch nicht bewiesen, dass es über das nötige Kapital verfügt, um das Geschäft abzuschließen, was ein Ausführungsrisiko darstellt. ARKO hat zwar eine bestehende Vereinbarung mit der Private-Equity-Immobilienfirma Oak Street Real Estate Capital, die abgeändert wurde, um eine Finanzierung von bis zu 1,25 Milliarden Dollar für die Übernahme von Travelcenters einzuschließen, aber das zählt im Moment noch nicht als feste Finanzierungszusage nach dem Verständnis von Fusions- und Übernahmeexperten.

Der zweite Einwand von Travelcenters ist ein wenig interessanter: Laut dem Unternehmen bevorzugt sein Vermieter und Aktionär SVC einen Käufer mit einem Investment-Grade-Rating. Die Bonitätsnote B+ von ARKO liegt vier Stufen darunter. Um eine Übernahme durchzuführen, benötigt Travelcenters nach eigenen Angaben die Zustimmung von SVC. Die Kreditwürdigkeit des Käufers sei für SVC "von größter Bedeutung", heißt es in der Mitteilung von Travelcenters vom Montag. Als Teil des Deals bot BP an, Pachtzahlungen im Wert von 188 Millionen Dollar an SVC im Voraus zu zahlen.

Diese Konditionen sind für SVC, einen Immobilieninvestmentfonds, der Vermieter der meisten Travelcenters-Immobilien ist, sehr sinnvoll. SVC und sein Verwalter RMR Group besitzen zusammen etwa 12 Prozent der Travelcenters-Aktien. Beide haben erklärt, dass sie für den Vorschlag von BP stimmen würden.


   Gegenläufige Interessen 

Für andere Aktionäre spielt die Mietvorauszahlung jedoch keine Rolle, ebenso wenig wie die Kreditwürdigkeit des Käufers - sie werden in jedem Fall Bargeld erhalten. Wenn alles andere gleich bleibt, zählt nur der Preis. Ungeachtet der feindseligen Pressemitteilungen, die ARKO und Travelcenters im Wechsel veröffentlichen, muss ARKO zumindest einen Schritt weiter gehen und eine feste Finanzierungszusage geben. Das würde es Travelcenters erschweren, Gespräche mit ARKO zu verweigern und dem Unternehmen den Zugang zu seinem Datenraum zu verweigern. Und sollten die Gespräche zwischen den beiden Unternehmen doch aufgenommen werden, müsste Travelcenters möglicherweise stärker gegen die Auflagen vorgehen, die SVC dem potenziellen Käufer auferlegt hat. Andernfalls wird es schwer sein, sich des Eindrucks zu erwehren, dass das Unternehmen sich nur um die Interessen einiger seiner Aktionäre kümmert.

Auch ARKO erkennt den Einfluss von SVC an. Das Unternehmen hat an SVC gerichtete Versprechungen gemacht, um die Bedenken hinsichtlich des Kreditrisikos auszugleichen: Der Tankstellenbetreiber bot an, einen höheren Betrag der Leasingraten im Voraus zu zahlen (202 Millionen Dollar). ARKO ist auch bereit, Gespräche mit einem anderen Investor zu führen, der einen Teil der SVC-eigenen Immobilien kaufen könnte, die dann an ARKO zurückgeleast würden.

Wenn die Finanzierung von ARKO abgesichert ist, kann Travelcenters seinem Vermieter nicht länger erlauben, die Berücksichtigung seines höheren Angebots zu blockieren.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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April 06, 2023 08:44 ET (12:44 GMT)