Berlin/Washington (Reuters) - Die USA und die Europäer liefern der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland mehr Waffen.

Nach monatelanger Verzögerung machte der US-Kongress den Weg für ein milliardenschweres Hilfspaket frei. Der britische Premierminister Rishi Sunak und Kanzler Olaf Scholz machten am Mittwoch in Berlin deutlich, dass beide Länder der Ukraine solange helfen werden wie dies nötig sei. Die EU wiederum zahlte der Ukraine eine weiter Tranche der Finanzhilfe über 1,5 Milliarden Euro aus.

"Es ist ein ermutigendes und auch notwendiges Signal, dass der amerikanische Kongress nun die Gelder zur Unterstützung der Ukraine freigegeben hat", sagte Scholz. "Diese Entscheidung zeigt, dass Putin sich verrechnet hat", fügte er mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin hinzu. Die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern lehnt Scholz aber weiter ab.

US-SENAT MACHT WEG FREI

Der US-Senat hatte am Dienstagabend mit 79 zu 18 Stimmen vier Gesetzentwürfen zugestimmt, die am Samstag vom Repräsentantenhaus verabschiedet worden waren. Sie sehen Pakete von umgerechnet 88,8 Milliarden Euro an überwiegend militärischer Hilfe für die Ukraine, Israel und Taiwan sowie die US-Partner im indopazifischen Raum vor. Das größte Paket umfasst 57 Milliarden Euro an dringend benötigten Mitteln für die Ukraine. US-Präsident Joe Biden hatte versprochen, das Gesetz sofort zu unterzeichnen, sobald es auf seinem Schreibtisch liegt. Noch in dieser Woche soll die Ukraine die ersten Waffen aus dem Paket erhalten.

Experten erwarten, dass die zusätzlichen Ausgaben den Auftragsbestand der RTX Corp und anderer großer US-Rüstungsunternehmen, die Regierungsaufträge erhalten, erhöhen werden. Dazu zählen Lockheed Martin, General Dynamics und Northrop Grumman.

SUNAK UND SCHOLZ - WIR SIND FÜHRENDE UNTERSTÜTZER IN EUROPA

In Berlin unterstrichen sowohl Sunak als auch Scholz, dass man mehr tun müsse. "Deutschland und Großbritannien sind die größten Unterstützer der Ukraine in Europa. Und wir werden unsere Unterstützung fortsetzen, so lange wie das notwendig ist", betonte Scholz. Er unterstrich aber, dass er auch nach der US-Entscheidung bei seinem Nein gegenüber der Lieferung von weitreichenden Taurus-Marschflugkörpern bleiben werde. "Was das von Ihnen angesprochene Waffensystem betrifft, wird sich meine Entscheidung nicht ändern", sagte Scholz auf die Frage nach Taurus. Etliche Ampel-Politiker hatten von dem SPD-Politiker erneut eine Lieferung von Taurus gefordert.

Scholz verwies darauf, dass Deutschland auch ohne Taurus in diesem Jahr mehr als sieben Milliarden Euro für Militärhilfe für die Ukraine ausgebe. Zudem habe Deutschland gerade ein drittes Patriot-Luftabwehrsystem an die Ukraine geliefert. Darunter seien auch weitreichende Artilleriesysteme. Der britische Premierminister nahm den Kanzler in Schutz: "Jedes Land hat unterschiedliche Dinge, die es einbringen kann, die es liefern kann", sagte Sunak und lobte die deutsche Entschlossenheit bei den Waffenlieferungen für die Ukraine. Er bekräftigte seine Ankündigung, dass Großbritannien wegen der veränderten internationalen Sicherheitslage künftig 2,5 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben wolle. Die britische Regierung hatte am Dienstag ein neues Waffenpaket für die Ukraine angekündigt, das Marschflugkörper sowie hunderte gepanzerte Fahrzeuge umfasst.

Der Kanzler drängte andere Staaten mit Patriot-Luftabwehrsystemen, "jetzt auch einmal zu gucken, ob sie trotz aller eigenen Sicherheitsanforderungen ein solches System erübrigen können". Gemeint sind etwa Nato-Staaten wie Spanien oder Griechenland, die ebenfalls Patriot-Systeme verwenden.

Die Ukraine erhielt am Mittwoch eine neue EU-Finanztranche über 1,5 Milliarden Euro und hofft laut Finanzminister Serhij Martschenko noch in diesem Jahr auf weitere zehn Milliarden Euro. Die EU, die der Ukraine bisher 31 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat, sei seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 zum größten Geber von Haushaltsmitteln für die Ukraine geworden, sagte Martschenko. Die Ukraine rechnet in diesem Jahr mit einem Haushaltsdefizit von 34,6 Milliarden Euro und ist in hohem Maße auf die Finanzhilfe ihrer westlichen Partner angewiesen. Die Regierung in Kiew verwendet den größten Teil seiner Staatseinnahmen zur Finanzierung der Armee.

(Bericht von Andreas Rinke, Patricia Zengerle, Elizabeth Piper, Yuliia Dysa; redigiert von Hans Busemann; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

- von Andreas Rinke und Patricia Zengerle