Zürich (awp) - Der frühere Hiestand-Chef Urs Jordi will den Backwarenkonzern Aryzta wieder "zum Fliegen bringen". Der von der Aktionärsgruppe um Veraison und Cobas vorgeschlagene Kandidat für das Verwaltungsratspräsidium rechnet mit bis zu fünf Jahren, bis das Unternehmen wieder gesund dasteht.

Heute sei Aryzta an der Börse unterbewertet, weil der Konzern sein Potenzial bei weitem nicht ausschöpfe, sagte Jordi in einem Interview mit der "Finanz und Wirtschaft" vom Samstag. "Was der Konzern macht, ist nicht gut für die Marke, nicht für die Kunden und auch nicht für die Partner."

Organisation zu komplex

Aryzta habe die Marktnähe verloren, zudem sei die Organisation viel zu komplex. "Es braucht Leute an der Spitze, die die Industrie und ihre Logik kennen, Leute, die wissen, mit welchen Innovationen sie für Wachstum sorgen können." Jordi selbst bezeichnete Backwaren als "meine Welt". Er ist ehemaliger Chef von Aryzta Europe und war vor der Fusion mit Aryzta im Jahr 2008 CEO der ehemals börsenkotierten Hiestand Holding.

Weiter sei der Verkauf von Assets - "nicht Notverkäufe, wohlgemerkt" - notwendig, um die Schulden abzubauen, sagte Jordi weiter. "Unser Szenario sieht vor, mit dem Verkauf von Non-Core-Geschäften 600 Millionen Euro zu lösen", so der frühere Hiestand-Chef. Das schwächelnde Nordamerika-Geschäft müsse dabei nicht per se weg. "Teile wie Maidstone mit Tim Hortons als Kunde sind ertragsstark und absatzsicher, wahre Perlen." Es gebe aber auch Fremdkörper. Welche Bereinigung sinnvoll sei, müsse zuerst erarbeitet werden.

Keinen schlechteren Verkaufszeitpunkt als jetzt

Gemäss Aussagen vom Juli prüft der Aryzta-Verwaltungsrat den Verkauf des ganzen Unternehmens. "Es gibt keinen schlechteren Zeitpunkt zum Verkauf als jetzt", sagte Jordi dazu. "Wir holen das Unternehmen an einem tiefen Punkt ab und wollen es wieder zum Fliegen bringen."

Das Schicksal von Aryzta soll sich am 16. September entscheiden. Dann befinden die Aktionäre an einer von Veraison und Cobas geforderten ausserordentlichen GV über die neue Zusammensetzung des Verwaltungsrats und eventuell auch über den Verkauf der Gesellschaft. Ein solcher Antrag könnte Aryzta noch bis zum 25. August kommunizieren.

Die Aktionärsgruppe um Veraison und Cobas, die den Konzern mit Jordi an der Spitze und zwei weiteren neuen Verwaltungsräten umbauen will, vermutet aber inzwischen, dass kein Übernahmeangebot vorgelegt wird.

Die strategische Überprüfung sei wohl abgeschlossen worden, ohne dass ein "akzeptables Angebot" für das Unternehmen gemacht worden sei, erklärte Veraison am letzten Mittwoch in einem Communiqué. Denn zuvor hatte Aryzta bekräftigt, dass Gary McGann zur Generalversammlung von Mitte September ohne Bedingungen als Präsident des Verwaltungsrates zurücktrete.

Ursprünglich wollte McGann nur dann zurücktreten, wenn bis zur GV keine Übernahmeofferte vorliegt. Dennoch soll es zur Kampfwahl für das Präsidium kommen: Aryzta schlägt den ehemaligen Barry-Callebaut-Chef Andreas Schmid als neuen Präsidenten vor.

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