FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax tritt zu Beginn des Börsenmonats August in eine schwierige Phase. Vor wenigen Tagen fehlten ihm nur noch weniger als 500 Punkte zu einem neuen Rekord, über den 13 000 Punkten haben die Anleger dann aber doch kalte Füße bekommen - berechtigterweise, wie einige Experten sagen. Während rund um den Globus die Infektionszahlen steigen und das Risiko neuer Lockdowns größer wird, gehen die Investoren lieber wieder auf Nummer sicher.

Der Rücksetzer auf das tiefste Niveau seit Monatsbeginn, den der Dax am Donnerstag erlebte, hat der vielzitierten Sorglosigkeit der Anleger wieder Grenzen gesetzt. Laut Volkswirtin Claudia Windt von der Landesbank Helaba dürfte die Sorge vor einer zweiten Welle in den kommenden Wochen die Finanzmärkte beherrschen. Ihr Kollege Robert Halver von der Baader Bank rechnet dabei vorerst mit steigender Schwankungsfreude. "Grundsätzlich bleiben die Frage einer zweiten Infektionswelle und eine im Herbst drohende Insolvenzwelle ein latentes Aktien-Risiko", warnte der Marktexperte der Baader Bank.

Zwar zeigen Konjunktursignale derzeit durchaus wieder nach oben und auch viele Geschäftszahlen von Unternehmen untermauerten die Hoffnung, dass die Krise nicht so heftig durchschlage wie befürchte. Laut dem Chefanlagestrategen Chris-Oliver Schickentanz von der Commerzbank sind aber aktuell wieder Befürchtungen berechtigt, dass die wirtschaftliche Erholung, die nach den massiven Einbrüchen im zweiten Quartal zweifelsfrei im Gange sei, wieder gebremst werden könnte.

Laut den Experten des Fuchs-Börsenbriefes kann ein von vielen erhofftes und zuletzt möglicherweise auch schon eingepreistes schnelles konjunkturelles Comeback in V-Form wohl doch zu den Akten gelegt werden. "Daher gehen wir davon aus, dass auch die Börse ihre V-Erholung nun abbricht und sich der Realwirtschaft wieder angleicht", hieß es im aktuellen Börsenbrief. Dort wird auch darauf verwiesen, dass sich der Aktienmarkt im August auch saisonal noch in einer schwierigen Zeit befinde, in der es häufig eher abwärts gehe.

Charttechnisch muss es jedoch kein Beinbruch sein, wenn der Dax auf absehbare Zeit noch etwas unter Druck bleibt. "Ideal wäre es, wenn er noch einmal die 200-Tage-Linie bei rund 12 000 Punkten berührt und dabei gleichzeitig in eine deutlich überverkaufte Marktlage gerät", stellte der Börsenbrief-Autor Hans Bernecker ein Szenario auf. Er hält dann einen Anlauf für möglich, die bisherige Rekordmarke zu überwinden. "Gelingt dies, marschiert der Dax Richtung 14 000 Punkte und mehr", so der Experte.

Die Konjunkturlage wird in der neuen Woche von diversen wichtigen Kennziffern auf die Probe gestellt. Für Deutschland hoben die Experten der BayernLB im Wochenfahrplan die Juni-Daten zur Produktion und dem Auftragseingang hervor, die am Donnerstag und Freitag veröffentlicht werden. In den USA sehen sie neben den ISM-Indizes am Montag und Mittwoch den Arbeitsmarktbericht im Fokus, der am Freitag veröffentlicht wird. Die Landesbank rechnet am US-Jobmarkt mit einer erneuten kräftigen Erholung.

Auf Unternehmensseite bleiben die kommenden Tage wohl von der laufenden Berichtssaison geprägt, auch wenn nicht selten schon Eckdaten bekannt sind. Weitere zehn Dax-Firmen berichten über das zurückliegende, vom Coronavirus geprägte Quartal - angefangen vom besonders schwer getroffenen Triebwerkbauer MTU am Montag. Es folgen der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer sowie der Chiphersteller Infineon am Dienstag, bevor die Saison der Quartalsberichte dann mit dem Versicherer Allianz, dem Autobauer BMW, der Deutschen Post sowie dem Immobilienkonzern Vonovia am Mittwoch und dem Konsumgüterhersteller Henkel, dem Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck sowie dem Industriekonzern Siemens am Donnerstag auf Hochtouren läuft.

"In den bisher vorliegenden Zwischenberichten haben sich die Unternehmen gemessen an den Erwartungen relativ gut geschlagen", strahlt der Commerzbank-Experte Schickentanz einen gewissen Optimismus aus. Er schränkt aber zugleich ein, dass "im momentanen Umfeld gleichwohl nur sehr vorsichtige oder vage Ausblicke zu erwarten sind". Schickentanz geht deshalb auch von einer Fortsetzung der Konsolidierung an den Aktienmärkten aus - wenn auch ohne den ganz großen Druck nach unten./tih/la/he

--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---