HOLZMINDEN (dpa-AFX) - Das Unternehmen Symrise dürfte vielen Menschen vielleicht gar kein Begriff sein, wenngleich sie sich täglich mit seinen Produkten parfümieren oder sie essen. Am Kapitalmarkt ist der Düfte- und Aromenhersteller jedoch längst ein Star. Knapp 14 Jahre nach dem Börsengang könnte Symrise, das seit elf Jahren von Heinz-Jürgen Bertram geführt wird, in den Dax aufsteigen. Was bei dem Unternehmen los ist, was die Aktie macht und wie Experten die Lage einschätzen.

DAS IST LOS BEI SYMRISE:

Güter, bei denen es auf Geruch oder Geschmack ankommt, gibt es viele. Der Konzern aus Niedersachsen mischt mit seinen mehr als 30 000 Produkten fast überall mit: Ob Babynahrung, Fertiggerichte, Getränke, Kosmetik, Reinigungsmittel, Süßwaren oder Tierfutter - all das und mehr peppt Symrise mit seinen Duft-, Geschmacks- und sonstigen Inhaltsstoffen auf.

Und weil das so ist, bekommt Symrise die Corona-Pandemie natürlich auch zu spüren, aber dank des breiten Portfolios kommt das Unternehmen vergleichsweise gut durch die aktuelle Krise. So erwarten Experten wie die JPMorgan-Analystin Celine Pannuti auch im zweiten Quartal Wachstum - die anziehenden Mengen dürften dabei den Preisdruck abfedern.

Derzeit gehen die von Bloomberg erfassten Experten davon aus, dass der Umsatz von Symrise im ersten Halbjahr auf etwas mehr als 1,8 Milliarden Euro gestiegen ist. Das wäre ein Plus von mehr als acht Prozent, wobei der Großteil des Zuwachses aus den jüngsten Zukäufen stammen sollte. Aber auch ohne diesen Effekt dürfte Symrise zugelegt haben. Damit würde Symrise trotz der Corona-Krise an das Ergebnis der ersten Monate anknüpfen. Das Unternehmen legt die Zahlen für das erste Halbjahr am 6. August vor.

Dann wird sich Symrise auch zu den Jahreszielen äußern. Bisher lautet das Ziel für 2020, schneller zu wachsen als der globale Duftstoffe- und Aromenmarkt, für den ein Plus von rund 4 Prozent erwartet wird. Mit den Halbjahreszahlen dürfte es dann auch - wie immer erst zum Halbjahr - Aussagen zur Gewinnentwicklung geben.

Alles in allem sollten die Resultate für die ersten sechs Monate des Jahres trotz der Corona-Spuren die Erfolgsgeschichte des Konzerns, die 1874 ihren Anfang genommen hat, untermauern. Damals hatten zwei Chemiker aus Holzminden ein Verfahren zur Herstellung von künstlichem Vanillearoma, dem Vanillin, entwickelt. Sie gründeten das Unternehmen Haarmann & Reimer, das 1953 von Bayer gekauft wurde.

Von Bayer wechselte Haarman & Reimer zum schwedischen Finanzinvestor EQT, der das Unternehmen mit Dragoco zusammenlegte. Heraus kam Symrise, 2006 folgte der damals größte Börsengang des Jahres in Europa. Symrise setzte von Anfang an neben Zuwächsen aus eigener Kraft auf Übernahmen. So griff der von Experten geschätzte Konzernchef Bertram 2013 beim US-Dufthersteller Belmay zu. Das Jahr darauf erwarb Symrise dann die Mehrheit am schwedischen Probiotika-Hersteller Probi.

Im gleichen Jahr gab es dann noch einen Paukenschlag: Symrise kaufte den französischen Anbieter von Nahrungsmittelinhaltsstoffen Diana für 1,3 Milliarden Euro. 2017 kam der britische Säfte-Hersteller Cobell hinzu. Der jüngste Zugang heißt ADF/IDF. 2019 ließ sich Symrise den US-Hersteller von Tierfutterzusätzen 900 Millionen US-Dollar kosten. Der Schritt verdeutlicht, dass sich das Management einiges vom Geschäft mit Tierfutterzusätzen verspricht.

Aktuell steht Symrise auf drei Säulen: In der "Flavor" genannten Sparte produziert es Geschmacksstoffe für Lebensmittel und Getränke, im Segment "Scent & Care" geht es vornehmlich um Düfte und Zusätze für Körperpflegeprodukte, Kosmetik und Reinigungsmittel. Im Bereich "Nutrition", der etwa halb so groß ist wie die beiden anderen, bietet Symrise weitere Inhaltsstoffe für Lebensmittel und Tierfutter.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Seit ihrem Start an der Börse im Jahr 2006 hat sich der Wert der Symrise-Aktie in etwa versechsfacht. Damit schnitt die Aktie in diesem Zeitraum deutlich besser ab als der MDax. Einen deutlichen Rückschlag gab es eigentlich nur während der Finanzkrise 2008.

In den vergangenen Jahren kam es zwar immer mal wieder zu kleineren Dämpfern - etwa wegen gestiegenen Rohstoffkosten oder Investitionen - am langfristigen Aufwärtstrend änderten die aber nichts. Der Aufwärtstrend seit Anfang 2009 ist unverkennbar. Allein 2019 ging es für die Aktie um mehr als 45 Prozent nach oben, womit Symrise zu den besten Chemieaktien in Europa gehörte.

Und 2020 setzte sich der Trend trotz der Corona-Pandemie fort. Das Papier erholte sich nach dem Dämpfer im coronabedingten Crash an den Börsen schnell. Inzwischen liegt der Kurs fast 15 Prozent über dem Schlusskurs vom Ende des vergangenen Jahres - mit 107,20 Euro war die Aktie am Mittwochvormittag so teuer wie noch nie.

Die Marktkapitalisierung ist inzwischen auf fast 15 Milliarden Euro angestiegen und da sich der Großteil der Anteile im Streubesitz befindet, gilt das Papier neben den Anteilsscheinen von Delivery Hero als heißer Anwärter auf den wahrscheinlich im September durch die Wirecard-Pleite frei werdenden Dax-Platz.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die meisten von dpa-AFX erfassten Analysten sind vom Geschäftsmodell des Düfte- und Aromenherstellers überzeugt, allerdings bereitet vielen auch die inzwischen hohe Bewertung etwas Kummer. So empfehlen derzeit nur vier der 14 von dpa-AFX erfassten Experten das Papier noch zum Kauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt mit etwas über 90 Euro deutlich unter dem aktuellen Niveau.

Mit acht Experten hält sich das Gros der Analysten mit einem neutralem Votum zurück, zwei raten zum Verkauf. Eine von ihnen ist die JPMorgan-Expertin Celine Pannuti, obwohl sie erst ihre Umsatzerwartung für das laufende und kommende Jahr leicht erhöht hat und das Unternehmen grundsätzlich auf einem sehr guten Weg sieht.

Allerdings sei das Unternehmen sowohl im Vergleich zur Konkurrenz als auch mit Blick auf den langjährigen Schnitt zu hoch bewertet. Sie bekräftigte daher ihre "Underweight"-Einstufung mit einem Kursziel von 75 Euro. Damit liegt Pannuti, die die Papiere allerdings schon seit Herbst 2018 mit "Underweight" einstuft, am unteren Rand der Kursziel-Bandbreite, die bis zu 110 Euro herauf geht. Das höchste Kursziel kommt von der Deutschen Bank.

Deren Analystin Virginie Boucher-Ferte erhöhte dieses erst Anfang Juli um sechs auf 110 Euro. Sie rechnet für das erste Halbjahr beim Umsatz mit einem Anstieg um knapp vier Prozent aus eigener Kraft - also ohne Effekte aus Übernahmen oder Wechselkursveränderungen. Das operative Ergebnis dürfte sogar um elf Prozent gestiegen ein. Zudem rechnet sie mit einem robusten Barmittelzufluss und einer Bestätigung der Ziele./zb/mis/men