Alstom und Bombardier wollen ihre Fusion zum weltweit zweitgrößten Zughersteller mit Zugeständnissen an die EU-Wettbewerbshüter durchsetzen.

In Deutschland ist davon das Bombardier-Werk in Hennigsdorf bei Berlin betroffen: Die dort angesiedelte Produktion von "Talent 3"-Nahverkehrs-Zügen soll verkauft werden, um die Bedenken der EU-Kommission auszuräumen, wie die beiden Konzerne am Donnerstag mitteilten. In Frankreich will Alstom sein Werk mit rund 800 Mitarbeitern im elsässischen Reichshoffen nahe der deutschen Grenze abgeben, zusammen mit der Plattform der dort gebauten "Coradia Polyvalent"-Regionalzüge, die vor allem auf dem französischen Markt verkauft werden. Reuters hatte darüber schon am Mittwoch berichtet.

Die französische Gewerkschaft Force Ouvriere kündigte Widerstand gegen den Verkauf von Reichshoffen an und forderte, die Arbeitsplätze zu erhalten. IG-Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner pochte auf eine "langfristige Standort- und Beschäftigungssicherung" bei Bombardier. Die Zug-Sparte wird von Berlin aus geführt. Grundsätzlich sei die Fusion aber eine gute Lösung, weil "nur so dringend notwendige Investitionen in Forschung, Entwicklung und Digitalisierung" möglich seien, sagte er der "Wirtschaftswoche".

In der Signaltechnik will Bombardier der Konkurrenz Zugang zu seinen Zugsteuerungs-Systemen gewähren. Darauf hatte in dem Prüfverfahren vor allem Siemens gepocht, wie es in Verhandlungskreisen hieß. Zudem wollen die Kanadier aus den "V300 Zefiro"-Hochgeschwindigkeitszügen aussteigen, die sie zusammen mit der italienischen AnsaldoBreda produzieren. Damit würde Bombardier aus dem Segment in Europa praktisch aussteigen. Bei Zefiro könnte die japanische Hitachi in die Bresche springen.

Den Brüsseler Kartellwächtern ist vor allem die gemeinsame Marktmacht von Alstom und Bombardier in der Signaltechnik, bei Hochgeschwindigkeitszügen und bei Intercity- und Regionalzügen ein Dorn im Auge. Sie muss bis 16. Juli entscheiden, ob sie die Fusion gleich durchwinkt oder - wie von Siemens gewünscht - in eine vertiefte Prüfung einsteigt. Alstom und Bombardier hätten nach eigener Einschätzung mehr angeboten als nötig, um sicher einen Schlussstrich unter das Verfahren zu ziehen.

Die bis zu 6,2 Milliarden Euro schwere Übernahme der Zugsparte von Bombardier durch Alstom ist der zweite Anlauf, die Branche in Europa zu konsolidieren. Siemens war beim geplanten Kauf von Alstom am Widerstand der EU gescheitert. Die europäischen Zughersteller fürchten wachsende Konkurrenz des chinesischen Branchenriesen CRRC, der massiv auf den Weltmarkt drängt.