Zürich (awp) - Die US-Notenbank Fed hat den Hoffnungen der Investoren auf eine V-förmige Wirtschaftserholung einen Dämpfer versetzt. Entsprechend angeschlagen reagieren die Finanzmärkte - auch der in der Schweiz. Konkret hat Fed-Chef Jerome Powell die Märkte mit seinem sehr gedämpften Ausblick für das Wirtschaftswachstum und auch den Arbeitsmarkt verschreckt, heisst es einhellig von Händlerseite.

So beliessen die US-Währungshüter die Zinsen auf dem aktuellen Niveau von Null bis 0,25 Prozent. Auch werde man auf absehbare Zeit weiterhin Staatsanleihen und hypothekarisch gesicherte Wertpapiere kaufen - mindestens bis 2022. Darüber hinaus haben Berichte über eine zweite Welle an Corona-Infektionen in den USA für zusätzliche Unsicherheit gesorgt. Im weiteren Handelsverlauf stehen in den USA noch die wöchentlichen Arbeitslosenzahlen auf der Agenda, die nach den jüngsten Fed-Kommentaren erneut für Marktbewegungen sorgen dürften.

Der SMI verliert gegen 10.55 Uhr 1,68 Prozent auf 9'977,00 Punkte. Von seinem anfänglichen Tief bei 9'930 Punkten hat er sich damit wieder etwas erholt und sich zeitweise bis auf wenige Punkte an die 10'000er Marke vorgearbeitet.

Der breite SPI fällt um 1,54 Prozent auf 12'328,88 Punkte. Der SLI, in dem die Gewichtung der drei Schwergewichte gekappt ist, gibt um noch deutlichere 2,10 Prozent nach auf 1'486,24 Zähler. Alle 30 SLI-Werte bis auf Givaudan notieren im Minus.

Die Flucht aus riskanteren Anlagen wie Aktien macht sich auch beim Franken erneut bemerkbar, der verstärkt gesucht wird. So ist der Euro kurzzeitig wieder unter die 1,07er Marke gefallen, während sich der US-Dollar in Richtung 0,94 Franken fällt. Am Anleihemarkt deutet der Conf Future mit Kursgewinnen ebenfalls eine Flucht in Sicherheit an.

Am Aktienmarkt setzt die Aussicht auf lang anhaltend tiefe Zinsen erneut den Finanzsektor unter Druck. So sacken die Aktien der CS um 4,2 Prozent ab. Es folgen die Anteilsscheine von Julius Bär, Swiss Life, Swiss Re, UBS, Zurich und Partners Group mit Abgaben zwischen 4,1 und 2,1 Prozent. Neben der Aussicht auf anhaltend tiefe Zinsen machen Börsianer zudem Gewinnmitnahmen für den Ausverkauf verantwortlich.

Auch im breiten Markt trennen sich Anleger verstärkt von Finanzwerten. Allen voran rauschen GAM um mehr als 5,1 Prozent abwärts. Bei ihnen wird die Bewegung durch eine Abstufung beschleunigt. Mit einigem Abstand folgen Werte Helvetia oder Vontobel mit Verlusten von mehr als 4 Prozent.

Aber auch konjunktursensible Titel wie AMS (-6,4%), Richemont (-3,8%) oder Adecco (-3,6%) fallen verstärkt zurück. Sie hatten zuletzt punktuell von Rotationen am Markt profitiert. Nun könne es aber zur Rotation der Rotation kommen, meinte ein Händler.

Dass der SMI gegenüber seinen europäischen Kollegen wie Dax oder Cac40 deutlich besser dasteht, verdankt er einmal mehr seiner defensiven Ausrichtung. Denn Schwergewichte wie Nestlé und Roche fallen um unterdurchschnittliche 0,5 Prozent jeweils, was nach unten etwas abstützt. Einziger Gewinner sind die ebenfalls defensiven Givaudan, die gegen den Trend 1,0 Prozent hinzugewinnen.

Im breiten Markt beeilen sich Anleger angesichts der aktuellen Wachstums- und Corona-Sorgen, speziell im Reisesektor ihre jüngsten Gewinne zu kassieren. Nach den fulminanten Avancen der letzten Wochen seien sie allerdings auch reif für eine ausgeprägtere Korrektur gewesen, so Händler. So kommen Titel wie der Reisedetailhändler Dufry (-6,0%), der Flughafen Zürich (-3,9%), Orascom (-4,8%), Jungfraubahn (-1,8%) oder Titlis (-0,7%) teilweise verstärkt unter die Räder.

hr/ra