Zürich (awp) - Die Angst vor einer Eskalation des Konflikts zwischen den USA und China sowie schlechter als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten haben am Freitag vor dem Pfingstwochenende die Anleger an der Schweizer Börse vergrault. Händler sagten, der lange etwas verdrängte Konflikt mit China beunruhige die Markteilnehmer zusehends. Dazu kam ausserdem der stärkste Einbruch bei den US-Konsumausgaben seit der Grossen Depression in den 1930er Jahren. Dies veranlasste die Anleger nach einer starken Woche zu Gewinnmitnahmen. Händler sprachen daher auch von einer nicht unerwünschten Konsolidierung.

Das gestörte Verhältnis zwischen den USA und China stand im Mittelpunkt der Anleger. Mit Spannung warteten sie auf eine Pressekonferenz von US-Präsident Donald Trump über den künftigen China-Kurs, die bis zum hiesige Handelsschluss allerdings noch nicht stattgefunden hatte. Streit ist zuletzt über den Umgang Chinas mit dem noch autonomen Verwaltungsgebiet Hongkong entbrannt. Dies verunsicherte die Anleger. Sie fürchteten nun eine Eskalation des Handelsstreits.

Der SMI, der sich nach einem schwachen Start vorübergehend wieder in die Gewinnzone vorgestossen war, büsste in der Schlussphase zusehends Terrain ein und ging um 0,95 Prozent tiefer mit 9'831,49 Punkten ins lange Wochenende. Damit verbucht der Leitindex aber trotzdem einen Wochengewinn von 1,3 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien vertreten sind, büsste 1,0 Prozent auf 1'460,77 Zähler und der breite SPI 0,68 Prozent auf 12'246,05 Zähler ein. Von den 30 SLI-Titeln schlossen 23 schwächer und sieben höher.

Damit hat sich der Schweizer Markt unter dem Strich etwas besser gehalten als die europäischen Handelsplätze. Dies dürfte vor allem der eher defensiven Ausrichtung geschuldet sein. So verbuchten die Medizintechnikwerte Sonova (+2,2%) und Alcon (+1,4%), der Telekomkonzen Swisscom (+1,4%), der Nahrungsmittelmulti Nestlé (+1,0%) und der Riechstoffhersteller Givaudan (+0,5%) Gewinne.

Den stärksten Anstieg bei den Blue Chips verzeichnete allerdings Logitech (+2,4%). Der Hersteller von Computerperipherie-Geräten hatte am Vortag Pläne für eine weitere Dividendenerhöhung und ein Aktienrückkaufprogramm angekündigt.

Auf der anderen verbuchten vor allem die Aktien, die zuletzt stark gefragt waren, Gewinnmitnahmen. Dabei standen einmal mehr die volatilen Ams (-4,8%) an der Spitze der Bluechips. Der Sensorenhersteller büsste damit die Vortagesgewinne wieder ein.

Schwach waren ebenfalls die Grossbanken Credit Suisse (-4,0%) und UBS (-1,9%) sowie die Versicherer Swiss Re (-3,1%) und Swiss Life (-2,0%). Die Grossbanken steuern auf eine weitere Klage im Skandal um Manipulationen am Devisenmarkt zu. Eine US-Richterin liess die Klage institutioneller Investoren wie dem weltgrössten Vermögensverwalter Blackrock und der Allianz-Tochter Pimco zu.

Bei Swiss Re erwähnten Händler ausserdem, dass Konkurrent Munich Re mit einer starken Hurrikan-Saison im Atlantik rechnet.

Die Finanzwelt stehe wegen der wachsenden Spannungen zwischen den USA und China grundsätzlich unter Druck, hiess es. Der Markt sorge sich, dass die USA den Sonderstatus Hongkongs als globales Finanzzentrum mit einem neuen Gesetz in Gefahr bringen könnten, was wiederum zu Verwerfungen an den Märkten führen könnte.

Vor Gewinnmitnahmen betroffen waren auch zyklische Werte, die zuletzt wegen Konjunkturhoffnungen gestiegen waren: Clariant, Kühne+Nagel, Adecco und ABB verloren zwei bis drei Prozent.

Wie schon zu Zeiten der Handelsstreitigkeiten wurden auch jetzt wieder die Aktien der Uhrenhersteller Swatch (-1,7%) und Richemont (-1,9%), die unter der Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Nationen leiden, verkauft.

Im breiten Markt stach der Penny-Stock Perfect Holding mit Aufschlägen von 103 Prozent auf 0,0295 Franken hervor. Das in der Aviatik tätige Unternehmen ist offenbar in Verhandlungen mit einem möglichen Käufer. Dottikon ES stiegen nach einem guten Jahresabschluss 2019/20 um 5,4 Prozent auf den höchsten Stand seit Januar 2018. Rieter (-4,4%) büssten dagegen an Wert ein. Der Maschinenbauer hat für das erste Halbjahr tiefrote Zahlen angekündigt.

pre/uh