FRANKFURT (awp international) - Mit der Hoffnung auf ein Nachlassen der Corona-Pandemie hat der deutsche Aktienmarkt seinen Erholungskurs am Dienstag etwas langsamer fortgesetzt. In der Spitze legte der Dax noch um mehr als fünf Prozent zu, reduzierte seine Gewinne zum Schluss allerdings auf 2,79 Prozent und landete bei 10 356,70 Punkten. Am Vortag hatte er noch um fast sechs Prozent zugelegt. Seit dem Crash-Tief Mitte März von rund 8255 Punkten hat sich der Index mittlerweile um mehr als ein Viertel berappelt. Der MDax rückte am Dienstag um 2,07 Prozent auf 21 538,13 Zähler vor.

New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo sieht für den besonders heftig vom neuartigen Coronavirus getroffenen Bundesstaat Licht am Ende des Tunnels. Zwar sei die Zahl der durch Covid-19 Verstorbenen in New York zuletzt nochmals gestiegen; der Anstieg liege jedoch im Bereich der vergangenen Tage, hatte Cuomo am Montag gesagt.

Chartexperte Andreas Büchler von Index-Radar warnt aber vor zu viel Optimismus. Er spricht von einer Bärenmarktrally - also eine kräftigen Erholung in einem weiterhin intakten Abwärtstrend. "Die Erholung des Dax nach den jüngsten Verlusten ist keine Überraschung. Doch Anleger sollten sich nicht allzu sehr entspannen, denn die nächste Verkaufswelle bleibt nur eine Frage der Zeit."

Auch Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets wies darauf hin, dass die Stimmung "ziemlich schnell wieder drehen" könne. Rutscht der Index nach Handelsschluss unter 10 142 Punkte, könne es am Mittwoch "auch schnell wieder ungemütlich an der Frankfurter Börse werden". Zudem schauten Anleger auch schon auf das Treffen der OPEC+ am Donnerstag und den G20-Ölgipfel am Freitag. Hier sei es jetzt wichtig, dass der Ölpreis stabilisiert werde. "Eine ausbleibende Einigung bei den Fördermengen könnte zu einem neuen Ausverkauf am Ölmarkt führen und damit auch den Aktienmarkt wieder belasten", so der Experte.

Der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 legte um 2,21 Prozent auf 2857,67 Punkte zu. Auch in Paris und London stabilisierten sich die Kurse weiter mit einem Plus beim französischen Leitindex Cac 40 und beim britischen FTSE 100 von ebenfalls jeweils gut zwei Prozent. An der Wall Street legte der Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss um rund drei Prozent zu.

Wie schon am Vortag lagen die grossen Kursverlierer der Crash-Phase in der Erholung nun vorn: An die Dax-Spitze setzten sich MTU mit einem Plus von deutlich mehr fünf Prozent. Die Deutsche Bank , HeidelbergCement und Continental gehörten ebenfalls zu den grössten Gewinnern

Infineon legten in dieser Gruppe um mehr als fünf Prozent zu. Hier machten Börsianer solide Quartalszahlen des Chip-Herstellers Samsung als Kurstreiber aus. Dazu haben die Münchener endgültig grünes Licht für die milliardenschwere Übernahme des US-Konkurrenten Cypress Semiconductor erhalten. Damit liegen nun alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen vor, der Abschluss des Geschäfts wird in den kommenden fünf Geschäftstagen erwartet.

Wegen der Virus-Pandemie strich mit Hugo Boss ein weiteres Unternehmen die Dividende für 2019. Anleger zeigten sich jedoch ungerührt, die Aktie legte im MDax um fast sieben Prozent zu.

Auch Aktien von Immobilienunternehmen machten eine gute Figur. Vor allem jene Konzerne mit Fokus auf Gewerbeimmobilien nahmen an Fahrt auf - der Luxemburger Gewerbeimmobilien-Spezialist Aroundtown etwa legte um knapp acht Prozent zu. Im SDax ging es für die Aktien des auf Einkaufszentren spezialisierten Immobilieninvestors Deutsche Euroshop , für die Frankfurter Dic Asset und für den Berliner Konzern Ado Properties um sechs bis sieben Prozent nach oben.

Auch bei anderen zuletzt besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Titeln gingen Investoren auf Schnäppchensuche: Die Aktien von Thyssenkrupp , Airbus , Ceconomy und Ströer verbuchten Aufschläge zwischen sieben und elf Prozent.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,43 Prozent am Montag auf minus 0,38 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,21 Prozent auf 144,42 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,89 Prozent auf 170,40 Zähler nach.

Der Eurokurs legte nach der jüngsten Schwäche zu. Die Gemeinschaftswährung kostete zuletzt 1,0887 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstag auf 1,0885 Dollar festgesetzt./kro

--- Von Benjamin Krieger und Karolin Rothbart, dpa-AFX ---