FRANKFURT (awp international) - Am deutschen Aktienmarkt haben die Kurse zum Wochenausklang erneut keine klare Richtung gefunden. Nachdem der Leitzindex zuletzt mehrmals das Vorzeichen gewechselt hatte, stagnierte der Dax am Nachmittag bei 9568,23 Punkten. Der MDax für mittelgrosse Unternehmen fiel leicht um 0,07 Prozent auf 20 474,32 Punkte. Der EuroStoxx 50 verbuchte ein Minus von 0,35 Prozent.

Viele Marktteilnehmer seien sich nach wie vor unsicher über das Ausmass der wirtschaftlichen Auswirkungen, schrieb Andreas Lipkow von der Comdirect-Bank in einem Kommentar. Die Beobachter von Index-Radar halten zudem die Rückkehr zum normalem Schwankungsverhalten im Dax nicht für nachhaltig und fürchten die "Ruhe vor dem nächsten Sturm". "Die Analyse langfristiger Crashs zeigt, dass der Markt eine Abwärtsbewegung selten nach dem ersten scharfen Ausverkauf beendet hat", erklärte Chartexperte Andreas Büchler. Erneute Verluste zurück in Richtung 9100 und 8200/8150 Punkte blieben daher zu befürchten.

Vier Monate nach Ausbruch der Covid-Pandemie sind mittlerweile weltweit mehr als eine Million Menschen mit dem Virus infiziert. Damit wachsen auch die damit verbundenen Rezessionssorgen. Nach neuen Daten zum US-Arbeitsmarkt ist die Arbeitslosenquote im März unerwartet stark auf 4,4 Prozent gestiegen - im Februar lag sie noch bei 3,5 Prozent. Trotz des Anstiegs sei das Niveau noch niedrig, hiess es in einer Schnelleinschätzung der Helaba. Im April dürfte die Quote aber auf ein zweistelliges Niveau emporschnellen, schätzen die Experten. Auch die Commerzbank geht davon aus, dass der "Hammer" erst mit dem April-Bericht kommt, wo die dramatischen Zahlen der vergangenen zwei Wochen einfliessen.

Bei all dem ist auch weiter unklar, wann sich das öffentliche Leben wieder normalisieren wird. Die Ungewissheit zwingt mehr und mehr Unternehmen dazu, sich offiziell von ihren Jahreszielen zu verabschieden. Dazu gehören nun auch der Konsumgüterkonzern Beiersdorf , der Handelsimmobilieninvestor Deutsche Euroshop und der Medienkonzern RTL . Bei Beiersdorf sanken die Erlöse im ersten Quartal bereits. Eigentlich wollte der Nivea-Hersteller in diesem Jahr bei den Erlösen aus eigener Kraft um 3 bis 5 Prozent wachsen. Dem Aktienkurs tat das über den Tag hinweg nur einen mässigen Abbruch. Zuletzt gab er um 0,3 Prozent nach.

Deutlich schlechter wurde die Absage an die Jahresziele und die Dividende dagegen bei RTL aufgenommen. Die Aktie sackte zum Handelsauftakt um mehr als 8 Prozent ab, und verringerte ihre Verluste später auf etwa 5 Prozent. Das erste Quartal habe noch weitgehend den Erwartungen entsprochen, hiess es am Vorabend. In den kommenden Monaten werden aber Stornierungen für Werbebuchungen und Verschiebungen von Produktionen die Ergebnisse belasten. Konkurrent ProSiebenSat.1 konnte sich der Talfahrt nicht ganz entziehen und verlor zuletzt ebenfalls rund 2 Prozent.

Abwärts ging es auch für die beiden Sportartikelhersteller Adidas und Puma . Adidas benötigt wegen der Corona-Krise frische Liquidität. Man werde Kredite brauchen, aber keine direkte Staatshilfe, sagte eine Sprecherin am Donnerstagabend. Die Aktie verlor fast 4 Prozent. Puma kündigte derweil eine Aussetzung der Dividende an. Zudem wird der Vorstand zunächst im April auf seine Gehälter verzichten. Die Aktie gab ebenfalls um rund 5 Prozent nach.

Einer der grössten Gewinner im Dax waren die Titel von Fresenius mit einem Aufschlag von rund 4 Prozent. Abgesehen davon, dass Pharmawerte am Freitag generell einen guten Lauf hatten, sprach sich Berenberg-Experte Tom Jones in einer jüngsten Studie erneut für den Kauf der Papiere aus. Grund sei unter anderem das neue Krankenhausentlastungsgesetz, das den Betreibern einen finanziellen Ausgleich für verschobene planbare Operationen und Behandlungen zukommen lässt.

Im MDax ging es daneben für die Aktien des Chemiekonzerns Evonik aufwärts. Nach einem positiven Signal des Bankhauses Metzler legten sie in der Spitze um 5 Prozent und zuletzt dann um 1,3 Prozent zu. Die Experten nahmen die Aktie des Unternehmens in ihre "Top Ten Liste" auf und trauen ihnen ein Kursziel von 44 Euro zu.

Unter den Nebenwerten war der Online-Arzneimittelhändler Shop Apotheke erneut besonders gefragt. Das Unternehmen profitiert in der Krise von hohen Bestellungen und wird für das Jahr etwas zuversichtlicher. Schon die Monate Januar und Februar seien sehr stark gewesen, hiess es am Freitag. Der Corona-Ausbruch habe dann im März einen weiteren Wachstumsschub verursacht. Den Jahresumsatz erwartet das Unternehmen nun mindestens 20 Prozent über dem Vorjahr, vorher war ein Anstieg um rund 20 Prozent angepeilt. Die Aktie gewann zuletzt knapp 6 Prozent dazu.

Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von minus 0,41 Prozent am Vortag auf minus 0,45 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,12 Prozent auf 144,80 Punkte. Der Bund-Future legte um 0,21 Prozent auf 172,16 Zähler zu.

Der Euro kostete am Nachmittag 1,0795 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstag auf 1,0906 Dollar festgesetzt./kro/jha/

--- Von Karolin Rothbart, dpa-AFX ---