BERLIN (dpa-AFX) - Der CDU-Wirtschaftsrat hat den im Corona-Hilfspaket vereinbarten zeitweiligen Kündigungsschutz für Mieter kritisiert - und stößt damit bei SPD und Gewerkschaften auf deutliche Kritik. Das sogenannte Mietmoratorium für diejenigen, die wegen der Corona-Pandemie ihre Miete nicht bezahlen können, sei "eine grundfalsche Weichenstellung", sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, der Deutschen Presse-Agentur.

Steiger fügte hinzu: "Das Gesetz, das von pauschaler Vermieter-Feindlichkeit getragen ist, infiziert eine weitere Branche mit Krisensymptomen und beschädigt die Altersvorsorge von vielen Einzelvermietern." Nach den Vorgaben der Bundesregierung darf Mietern in den nächsten drei Monaten nicht gekündigt werden, wenn sie wegen der Corona-Krise die Miete nicht zahlen können. Die Verpflichtung zur Zahlung der Miete bleibt aber im Grundsatz bestehen.

Steiger sagte nun, zuerst lege das Bundesjustizministerium "überhastet ein undurchdachtes Gesetz vor, dann kritisiert die Ministerin selbst dessen Anwendung durch Mieter in der Wirtschaft auf unsachliche Weise". Er halte auch "absolut nichts von ausgesetzten Mietzahlungen durch einige Unternehmen". Das bringe einerseits recht wenig, weil die Unternehmen die Mietzahlungen in den Bilanzen ohnehin als offene Schuld ausweisen müssten, es beschädige aber das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter.

Für Empörung hatten die Ankündigungen unter anderem von Adidas, Deichmann und Hennes & Mauritz gesorgt, die Mietzahlungen für ihre wegen der Corona-Pandemie geschlossenen Filialen vorläufig auszusetzen. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) nannte es unanständig und inakzeptabel, "wenn jetzt finanzstarke Unternehmen einfach ihre Mieten nicht mehr zahlen". Die Corona-Hilfsgesetze böten dafür keine Grundlage.

Auch Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann kritisierte den befristeten Kündigungsschutz. Die Möglichkeit, vertragliche Leistungen wegen der Krise zu verweigern, "führt zu Unfrieden zwischen Vertragspartnern und verlagert Zahlungsschwierigkeiten einfach weiter", sagte der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch). Die Vermieter hätten auch Ausgaben. Er forderte, dass der Staat Personen mit Zahlungsproblemen mit Geld helfen solle.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sören Bartol hielt dem entgegen: "Unsoziale Grundauffassungen entlarven sich besonders in der Krise." Menschen in Not zu helfen und vor dem Verlust ihrer Wohnung zu schützen, sei "gerade jetzt besonders wichtig, wo wir alle bitten, möglichst daheim zu bleiben". Es gehe hier auch nicht um den Erlass der Miete, sondern um eine Stundung. "In meinen Augen bedeutet Solidarität, dass auch Vermieter einen Beitrag in der Krise leisten müssen."

Das DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell argumentierte: "Viele wissen nicht, wie es nach der Krise weitergehen soll. Aber das interessiert Herrn Linnemann und seinen Wirtschaftsrat nicht die Bohne." Statt mit dafür Sorge zu tragen, das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent aufzustocken und die Menschen abzusichern, "will der CDU-Wirtschaftsrat sie jetzt auch noch vor die Wohnungstür setzen, wenn sie ihre Miete krisenbedingt nicht bezahlen können. Das ist sozialpolitische Tiefkühlkost." Der Kündigungsschutz müsse vielmehr auf sechs Monate verlängert werden./rm/DP/fba