UNTERFÖHRING (awp international) - Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 richtet seine Strategie stärker auf den Bereich Unterhaltung aus und baut nach Querelen im Führungsteam den Vorstand um. Vorstandsvorsitzender Max Conze wird das Unternehmen mit sofortiger Wirkung verlassen, wie der Konzern mit Sitz in Unterföhring bei München am späten Donnerstagabend mitteilte. Damit hört er nach nicht einmal zwei Jahren an der Spitze auf, im Juni 2018 hatte der frühere Chef des Staubsaugerherstellers Dyson bei ProSiebenSat.1 begonnen. Im Mediengeschäft war Conze (Jahrgang 1969) ein Neuling.

Unstimmigkeiten in der Führungsetage des Konzerns mit rund 7250 Mitarbeitern waren jüngst immer sichtbarer geworden. Kürzlich hiess es, dass der stellvertretende Vorstandschef Conrad Albert, der seit vielen Jahren im Unternehmen war, am 30. April "im gegenseitigen Einvernehmen" geht. Er hatte zuvor in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" mit Blick auf die Führungsquerelen von einer "Vorstands-Soap-Opera" gesprochen.

Finanzvorstand Rainer Beaujean (51) übernimmt nun zusätzlich das Amt des Vorstandssprechers, wie es weiter hiess. Neu im Vorstand sind ab sofort die ProSiebenSat.1-Manager Christine Scheffler (51, Personal) und Wolfgang Link (52, Entertainment).

Am Freitag gab es Rückenwind für die Aktien, die schon länger mit Kursverlusten kämpfen. Kurz nach Handelsstart legten sie um rund 8 Prozent zu.

Der Umbau der Führungsetage fällt wegen der Coronavirus-Krise zugleich in eine angespannte Zeit. Ohnehin muss sich ProSiebenSat.1 mit 15 Free- und Pay-TV Sendern schon lange in einem sich stark wandelnden TV-Markt-Umfeld behaupten. Das immer noch wichtigste Standbein der Werbeerlöse für private Sender schrumpft. Zugleich wächst der Bereich Streaming stark. Hiesige Unternehmen wie auch die Sendergruppe RTL müssen der Konkurrenz von US-Giganten wie Netflix, Amazon , Apple und Disney etwas entgegensetzen.

Der Medienkonzern, der etwa durch Show-Formate wie "Germany's next Topmodel" und "The Masked Singer" bekannt ist, verstärkt künftig das operative Geschäft im Entertainment-Bereich in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz. Schwerpunkt sollen lokale Formate und Live-Inhalte sein. Enge Kooperation soll es mit der eigenen Produktionsfirma Red Arrow Studios, die auch Serien und Filme mit Fokus Entertainment für andere Unternehmen herstellt, geben, wie es weiter hiess.

Der Medienkonzern, an dem auch der von Silvio Berlusconi kontrollierte italienische Wettbewerber Mediaset als Grossaktionär Anteile hält, setzt auf mehr digitale Reichweite seiner Streaming-Plattform Joyn. Der Geschäftsbereich der NuCom-Gruppe (E-Commerce) werde eine wichtige Säule des Konzerns bleiben. Zugleich hiess es: "Die bestehenden Beteiligungen, die von Werbung auf den Entertainment-Plattformen profitieren, werden werthaltig weiterentwickelt und im Zuge einer aktiven Portfoliopolitik zu gegebener Zeit veräussert."/rin/DP/mis