FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zwingt Unternehmen weltweit zum Handeln. Teils wirkt sich die Epidemie schon jetzt auf Geschäfte aus. Eine Übersicht aktueller Branchennachrichten rund um die Ansteckungswelle - Stand 28. Februar:

KURZARBEITERGELD: Die Bundesagentur für Arbeit zahlt für Beschäftigte, deren Betriebe vom neuartigen Coronavirus betroffen sind, Kurzarbeitergeld. "Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld muss grundsätzlich auf einem unabwendbaren Ereignis oder wirtschaftlichen Gründen beruhen. Dies trifft etwa dann zu, wenn Lieferungen ausbleiben und die Produktion eingeschränkt werden muss", erklärte die Bundesagentur. Erste Anfragen auf Kurzarbeitergeld seien bereits eingegangen. Zahlreiche Betriebe in Deutschland sind bei ihrer Produktion auf Lieferungen von Materialien aus China angewiesen. Wie groß die Auswirkungen des Coronavirus auf den Arbeitsmarkt sein könnten, sei noch nicht abschätzbar, so die Bundesagentur.

KONJUNKTUR I: Der Außenhandelsverband BGA sieht zunehmende Belastungen für die Wirtschaft durch das Coronavirus - die Folgen für die Verbraucher aber seien noch gering. Es zeige sich immer deutlicher, dass die Epidemie nicht spurlos an der Wirtschaft vorbei gehe, sagte BGA-Präsident Holger Bingmann. "So kommt es zu Liefer- und Produktionsengpässen, da Ware teilweise nicht aus den Häfen kommt oder die Produktionen stillstehen."

KONJUNKTUR II: Die Bundesbank sieht mit dem Coronavirus kurzfristig ein Zusatzrisiko für die deutsche Wirtschaft. "Nach den derzeitigen Informationen erwarte ich, dass dieses Risiko sich zum Teil auch materialisieren dürfte", sagte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Nach Ansicht der Deutschen Bank könnte das Coronavirus Deutschland in eine Rezession führen. "Die exportorientierte deutsche Wirtschaft wird durch die Unterbrechung von internationalen Lieferketten besonders schlimm getroffen", sagte Stefan Schneider, Chefvolkswirt für Deutschland. Es sei wahrscheinlich, dass die deutsche Wirtschaft in den ersten beiden Quartalen schrumpft. In ihrem Hauptszenario erwartet die Bank, dass die Zahl der Coronavirus-Infizierten weltweit auf drei Millionen steigt und 30 000 Menschen sterben.

HAMSTERKÄUFE: Handelsketten berichteten von teils deutlich erhöhten Verkaufszahlen bei Konserven oder Desinfektionsmitteln. Kurzfristig sei es in einigen Läden auch zu Engpässen gekommen. Der Discounter Lidl teilte mit: "In einigen Regionen und Filialen verzeichnen wir deutlich erhöhte Abverkäufe." Vor allem haltbare Lebensmittel wie Konserven und Nudeln, aber auch Toilettenpapier und Desinfektionsmittel würden stark nachgefragt. Auch Aldi Süd berichtete von einer verstärkten Nachfrage. "Wir sind darauf vorbereitet und erhöhen entsprechend unsere Lagerbestände", hieß es. Aldi Nord meldete "vereinzelt" höhere Absatzmengen bei haltbaren Lebensmitteln und Hygieneprodukten. Dies könne dazu führen, dass Artikel zeitweise in den Märkten vergriffen seien.

BASF: Der weltgrößte Chemiekonzern BASF rechnet mit deutlichen Belastungen für den Weltwirtschaft wegen des neuartigen Coronavirus. Damit sei ein neuer Faktor hinzugekommen, der das Wachstum am Jahresanfang vor allem in China erheblich belaste, sagte Chef Martin Brudermüller. Eine geringere Nachfrage und Produktionsausfälle in vielen Branchen seien Folgen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus. Vor allem im ersten und zweiten Quartal rechnet die BASF mit negativen Effekten. Zudem erwarte er nicht, "dass die Corona-Effekte im Jahresverlauf vollständig ausgeglichen werden können".

Easyjet: Wegen des Coronavirus streicht die britische Airline Flüge und legt ein Sparprogramm auf. Vor allem Verbindungen nach und aus Norditalien, wo zahlreiche Infektionen gemeldet wurden, seien betroffen. Dort, aber auch in anderen Regionen Europas, sei die Nachfrage gefallen. Der Billigflieger kündigte ähnliche Maßnahmen wie die Lufthansa an. So würden Einstellungen und Beförderungen zurückgestellt sowie nachrangige Projekte und Ausgaben verschoben. Mitarbeitern werde unbezahlter Urlaub angeboten. Kosten sollen auch in der Verwaltung gespart werden, Prämien werden gestrichen.

IAG: Die British-Airways-Mutter wagt wegen der Ausbreitung des neuen Coronavirus keine Gewinnprognose für 2020. Wegen der anhaltenden Unsicherheit über Auswirkungen und Dauer der Epidemie sei eine belastbare Prognose nicht möglich, teilte der Mutterkonzern der Fluggesellschaften British Airways, Iberia, Vueling, Aer Lingus und Level mit. Wegen der gestrichenen Verbindungen nach China und in andere asiatische Länder dürfte das geplante Flugangebot der IAG-Gesellschaften etwas geringer ausfallen als gedacht. Auch das Flugangebot nach Italien habe IAG vorerst deutlich zurückgefahren.

BRUSSELS AIRLINES: Die belgische Fluggesellschaft reduziert wegen des Coronavirus die Zahl ihrer Flüge nach Italien. In den ersten beiden Märzwochen würden 30 Prozent der Flüge nach Mailand Linate, Mailand Malpensa, Rom, Venedig und Bologna entfallen, so das Unternehmen. Fluggäste würden auf verfügbare Flüge umgebucht oder könnten sich den Preis zurückzahlen lassen. Als Grund nannte die Airline, die zum Lufthansa-Konzern gehört, stark rückläufige Buchungen zu fast allen europäischen Zielen wegen des Coronavirus-Ausbruchs. Auf den Strecken nach Norditalien seien die Fluggastzahlen besonders stark gesunken.

GENFER AUTOSALON: Der Branchentreff fällt dem Coronavirus zum Opfer. Die Schweizer Regierung verbot am Freitag alle Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Menschen. Davon betroffen ist auch das Frühjahrstreffen der Autobranche in Europa, das am Montag beginnen sollte und zu dem 600 000 Besucher erwartet wurden. "Die Gesundheit aller Beteiligten ist für uns und unsere Aussteller absolute Priorität", sagte Autosalon-Chef Maurice Turrettini. Nun müsse der Abbau organisiert werden. Eintrittskarten würden zurückerstattet. Die deutschen Autobauer kündigten an, ihre Neuheiten online zu zeigen.

ÖLPREISE: Rohöl verbilligt seit weiter rasant. Der Druck auf die großen Ölfördernationen, ihre Produktion weiter zurückzufahren, nimmt angesichts der größten Preisabschläge seit Jahren rapide zu. Am Rohölmarkt richtet sich die volle Aufmerksamkeit auf die großen Förderstaaten des Ölkartells Opec. Sie wollen Ende kommender Woche mit anderen großen Produzenten, darunter Russland, ihre Förderpolitik abstimmen. Von diesem Verbund, genannt Opec+, erwarten Experten eine weitere Einschränkung der bereits gedeckelten Förderung.

BAHN: Fahrgäste im Fernverkehr können sich in bestimmten Fällen den Fahrpreis kostenfrei erstatten lassen, wenn ihr Reiseanlass aufgrund des neuartigen Coronavirus entfällt. Das gelte etwa, wenn eine Messe, ein Konzert oder ein Sportereignis wegen des Virus offiziell abgesagt werde, so die Bahn. Diese Kulanz gilt auch, wenn ein gebuchtes Hotel am Zielort unter Quarantäne steht sowie für Reisen in die betroffenen Gebiete in Italien. Sollten die Behörden in einem Zug einen Corona-Verdacht feststellen, werde der Bereich gesperrt und nach der Fahrt desinfiziert. Fahrgäste würden dann aufgefordert, ihre Kontaktdaten zu hinterlegen, damit die Behörden sie erreichen können.

BUSSE: Die Branche sagte ihre Mitwirkung bei der Eindämmung des Coronavirus zu, die der Krisenstab der Bundesregierung angeregt hat. Dabei geht es um "Aussteigekarten", in denen Fahrgäste auf grenzüberschreitenden Verbindungen Angaben zu ihrer Erreichbarkeit machen. Dies soll eine schnelle Kontaktaufnahme ermöglichen, wenn sich herausstellt, dass jemand im Fahrzeug infiziert war./als/DP/stk