Zürich (awp) - Der Schweizer Aktienmarkt erlebt am Montag die grössten Kursverluste seit Dezember 2018. Die Angst, dass sich das Coronavirus in eine weltweite Pandemie entwickeln könnte, sorgt für fluchtartige Reaktionen an den Finanzmärkten. Riskante oder konjunktursensitive Anlagen wie Aktien und Öl geraten unter den die Räder, währen sichere Häfen wie Gold, der US-Dollar und der Schweizer Franken verstärkt gesucht werden.

Nachdem das Virus lange Zeit auf China begrenzt war, steigt mittlerweile die Zahl der Infizierten in anderen Regione. Auch in Europa ist das Virus mittlerweile angekommen. "Das ganze Thema rückt näher an uns heran und damit wächst an der Börse die Angst vor einer weltweiten Lähmung der Wirtschaft", kommentiert ein Händler. So hat sich das Virus beispielweise in Norditalien so schnell ausgebreitet, dass dort Quarantänezonen errichtet wurden.

Der SMI fällt gegen 11.05 Uhr um 3,19 Prozent auf 10'756,40 Punkte. Auf diesem Niveau stand er letztmals vor etwa drei Wochen. Seit dem Handelsbeginn hat der damit etwa 350 Punkte verloren. Die verschärfte Unsicherheit ist auch beim VSMI abzulesen, der mittlerweile ein Plus von 35 Prozent aufweist und den höchsten Stand seit August 2019 erreicht hat.

Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Werte enthalten sind, sinkt um 3,47 Prozent auf 1'640,05 und der umfassende SPI um 3,25 Prozent auf 12'964,55 Zähler. Die 30 SLI-Titel verlieren zwischen 1,3 und 6,0 Prozent.

Investoren trennen sich zunächst vor allem von den Papieren, bei denen sie die grösste Abhängigkeit vom asiatischen Wirtschaftsraum sehen. Bei den Blue Chips fallen neben AMS (-6,0%) denn auch Swatch (-5,0%), Richemont (-4,7%) überdurchschnittlich stark.

Bei Unternehmen wie AMS machen sich Investoren Sorgen um die Lieferketten. Zur Erinnerung: Der iPhone-Hersteller und AMS-Kunde Apple hat erst vergangene Woche seine Umsatzprognose wegen des Virus kassiert. Neben AMS werden mit Temenos (-5,2%) und Logitech (-4,9%) noch die anderen beiden Blue Chips aus der Technologiebranche aus den Depots entfernt. Im breiten Markt erleben Branchenvertreter wie U-Blox (-6,6%), VAT (-6,0%) und Inficon (-5,1%) einen verstärkten Verkaufsdruck.

Und auch bei den beiden Uhrenherstellern ist die Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie der Hauptgrund für den Ausverkauf. Im Durchschnitt erlöst die Luxusgüterbranche gemäss Analysten mehr als ein Drittel des Umsatzes mit chinesischen Kunden. Die rasche Ausbreitung des Coronavirus übers Wochenende habe viele Investoren daher erschreckt, heisst es im Handel. Betroffen seien natürlich auch Papiere wie Dufry (-6,8%), lebt der Reisedetailhändler doch vom Konsum der Flugreisenden.

Aber auch Kühne + Nagel (-5,2%) werden aus den Depots entfernt. Der Frachtkonzern wird am kommenden Donnerstag Zahlen vorlegen. Vergangene Woche hatte bereits der Konkurrent Maersk erklärt, unter den Folgen des Virus zu leiden.

Überdurchschnittlich schwach entwickeln sich auch verschiedene zyklische Industrie-Titel. Bei den Blue Chips fallen ABB um 4,7 Prozent, im breiten Markt drängen Investoren aus Georg Fischer (-5,7%), OC Oerlikon (-5,4%) oder Sulzer (-5,0%). Analysten fürchten sich etwa vor Angebotsengpässen. Entsprechend hatte am Wochenende der Internationale Währungsfonds (IWF) wegen der Auswirkungen der Lungenkrankheit die Wachstumsprognose für China und für die Weltwirtschaft gesenkt. Dies sei in den Aktienmärkten nicht ausreichend eingepreist, meinte ein Händler.

Mit Abgaben zwischen 1,3 und 2,8 Prozent halten sich defensive Anlagen wie Swisscom, Roche, Sonova und Nestlé am Vormittag etwas besser als der Gesamtmarkt.

Im breiten Markt lohnt zudem ein Blick auf die Immobilienwerte. So dürfte "Betongold" wegen des Virus, aber auch wegen der anhaltend tiefen Zinsen gefragt bleiben. Die Aktien von Mobimo (+0,2%) und Intershop (-0,8%) schlagen sich denn auch besser als der Gesamtmarkt.

Mit einem Minus von 2,3 Prozent halten sich auch Sunrise nach verschiedenen Analystenkommentaren besser als der Markt.

hr/uh