MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Münchner Triebwerksbauer MTU will den Höhenflug nach seinem Rekordjahr 2019 fortsetzen. "2020 wollen wir die Messlatte noch ein Stück höher legen und unsere eigenen Rekorde erneut übertreffen", kündigte Vorstandschef Reiner Winkler bei der Vorlage der Jahreszahlen am Donnerstag in München an. Die Dividende soll jetzt schon deutlich steigen, und der operative Gewinn 2020 erstmals die Marke von 800 Millionen Euro übertreffen. Allerdings hat Winkler mögliche Folgen der Coronavirus-Epidemie noch nicht berücksichtigt.

Die Auswirkungen des Virus könne noch niemand beurteilen, sagte der Manager. Die Luftfahrtbranche habe sich bisher von ähnlichen Krisen in der Vergangenheit binnen ein bis zwei Quartalen erholt. MTU hatte an seinem Wartungsstandort in China wie andere Unternehmen die dortigen Neujahrsferien verlängert und den Betrieb stillstehen lassen. Inzwischen seien aber fast alle Mitarbeiter wieder bei der Arbeit, hieß es.

Doch an der Börse ging es für die MTU-Aktie abwärts. Nach einem zwischenzeitlichen Kursrutsch um bis zu zweieinhalb Prozent lag das Papier zuletzt noch mit gut einem Prozent im Minus und gehörte damit weiterhin zu den schwächsten Werten im Dax.

MTU war erst im Herbst in den deutschen Leitindex aufgestiegen. Seitdem hatte der Aktienkurs ein Rekordhoch nach dem anderen erreicht. Seit dem Jahreswechsel liegt das Papier trotz der jüngsten Kursverluste noch mit mehr als fünf Prozent im Plus und wird immer noch rund 40 Prozent höher gehandelt als vor zwölf Monaten.

Im abgelaufenen Jahr steigerte der Triebwerkshersteller seinen Umsatz einer um gut ein Prozent auf gut 4,6 Milliarden Euro und verfehlte damit die eigene Ziel von 4,7 Milliarden. Ein Teil der Auslieferung neuer Flugzeug-Triebwerke und Militärgeschäft habe sich vom vierten Quartal ins neue Jahr verschoben, hieß es zur Begründung.

Dem Gewinn tat dies keinen Abbruch, zumal Triebwerkshersteller ihre Profite vor allem bei Ersatzteilen und Wartung einfahren. So sprang der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) bei MTU um fast 13 Prozent auf rund 757 Millionen Euro nach oben und traf damit die Erwartungen von Analysten. Der Vorstand hatte zuletzt 750 Millionen Euro angepeilt.

Dabei blieben 16,4 Prozent der Erlöse als operativer Gewinn beim Unternehmen hängen - noch mehr, als Winkler bei der Anhebung seiner Jahresprognose im Sommer angekündigt hatte. Der Überschuss wuchs um knapp acht Prozent auf 488 Millionen Euro. Die Aktionäre sollen eine von 2,85 auf 3,40 erhöhte Dividende erhalten und damit ein Stück mehr als von Analysten erwartet.

Im Jahr 2020 will die MTU-Führung den operativen Gewinn um einen hohen einstelligen Prozentsatz nach oben treiben. Damit hat Winkler rund 820 Millionen Euro im Blick. Eine Umsatzprognose für den Gesamtkonzern vermied er diesmal, hob seine bisherigen Prognosen für die einzelnen Geschäftsfelder aber teilweise an. "Wenn Sie alles zusammenrechnen, kommen Sie auf einen hohen einstelligen Prozentsatz", sagte Winkler. Damit würden die Erlöse wohl die Marke von fünf Milliarden Euro knacken.

Bei der Wartung gibt es einen Sondereffekt, da MTU bei schon ausgelieferten Getriebefan-Antrieben für den Airbus A320neo und den Airbus A220 Teile austauschen muss, die sich als nicht haltbar genug herausgestellt haben. Dies dürfte den Umsatz in dem Bereich kräftig nach oben treiben, aber auf die Marge drücken, erläuterte Finanzchef Peter Kameritsch.

MTU ist bei den Triebwerken für Flugzeuge von Airbus und Boeing dick im Geschäft. Vor allem der sogenannte Getriebefan-Antrieb für den Airbus-Verkaufsschlager A320neo und den Kurz- und Mittelstreckenjet A220 halten den Konzern auf Wachstumskurs.

MTU ist an Entwicklung und Bau des Triebwerkstyps beteiligt, der unter der Führung der United-Technologies-Tochter Pratt & Whitney entstanden ist. Beim Airbus A220 ist das Modell der exklusive Antrieb, bei der A320neo können Airlines zwischen dem Getriebefan und dem Konkurrenztriebwerk Leap des französisch-amerikanischen Herstellers CFM wählen.

Mit dem Antrieb von Boeings Krisenjet 737 Max, für den seit fast einem Jahr ein weltweites Flugverbot gilt, hat MTU nichts am Hut. Die Triebwerke für den Flieger kommen durchweg von CFM, einem Gemeinschaftsunternehmen von Safran und General Electric (GE). MTU darf diese Turbinen aber inzwischen warten. Zudem sind die Münchner an den Antrieben für den Boeing-Langstreckenjet 787 "Dreamliner" und den Jumbo-Jet 747-8 beteiligt. Auch an dem GE-Triebwerk für die modernisierte Boeing 777X arbeitet MTU mit.

Bei der nächsten Triebwerksgeneration für die Mittelstreckenjets will Winkler den Anteil der Münchner an dem Getriebefan-Bündnis mit Pratt & Whitney und Japanese Aero Engines von 18 Prozent auf bis zu 25 Prozent ausbauen. Höhere Temperaturen bei der Verbrennung könnten den Kerosinverbrauch im Vergleich zur aktuellen Generation um weitere zehn Prozent drücken, schätzt Kameritsch.

Unterdessen stellt MTU weiter Mitarbeiter ein. Im abgelaufenen Jahr stieg die Zahl der Beschäftigten um fast zehn Prozent auf 10 660. Der Zuwachs entfiel vor allem auf München und die MTU-Standorte in Hannover und in Polen./stw/stk/mis