KARLSRUHE (dpa-AFX) - Wer haftet für leere Versprechungen in Kundenbewertungen im Internet? Dazu verkündet am Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein Urteil. In dem Fall geht es um einen Händler aus Essen, der über die Plattform Amazon Muskel-Tapes verkauft hatte. Mehrere Kunden schrieben unter sein Angebot, das Tape helfe schnell gegen Schmerzen. Eine solche Wirkung ist wissenschaftlich aber nicht nachgewiesen.

Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hatte den Händler deswegen schon vor längerem darauf verpflichtet, mit dieser Behauptung nicht mehr zu werben. Durch die Bewertungen auf Amazon sieht der Verband die abgegebene Unterlassungserklärung verletzt. Nun soll der Verkäufer Abmahnkosten und eine Vertragsstrafe zahlen. Nach Ansicht des VSW hätte der Händler die Löschung der Bewertungen veranlassen oder das Produkt gleich ganz von der Seite nehmen müssen.

In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Die Bewertungen seien keine Werbung, urteilte 2018 das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Der Verkäufer habe darauf keinen Einfluss, ihr Inhalt könne sich in kürzester Zeit verändern. Der Durchschnitts-Verbraucher wisse zudem ungefähr, wie Amazon und das Bewertungssystem funktionierten.

In Karlsruhe wurde der Streit im November verhandelt. Dabei hatte es zunächst so ausgesehen, als ob sich die obersten Zivilrichter dem OLG anschließen. Aber dann gab es auch kritische Nachfragen - zum Beispiel, ob der Verkäufer nicht doch verpflichtet sein könnte, die Seite mit seinem Produkt hin und wieder auf heikle Inhalte zu prüfen.

Der Anwalt des VSW vertrat die Auffassung, der Händler könne einen problematischen Eintrag direkt kommentieren oder im Angebotstext einen richtigstellenden Hinweis platzieren. Für den Anwalt der Gegenseite war das keine Option: "Es kann niemand verlangen, dass ich mein eigenes Produkt schlecht mache." (Az. I ZR 193/18)/sem/DP/zb