PULLACH (dpa-AFX) - Der deutsch-amerikanische Gasekonzern Linde hat im vergangenen Jahr trotz schwacher Konjunktur mehr Gewinn gemacht - und einen Stellenabbau im deutschen Gasegeschäft angekündigt. Der aus den USA angereiste Vorstandschef Steve Angel sagte am Donnerstag in Pullach bei München: "Es wird auf jeden Fall Anpassungen geben."

Der bayerische IG-Metall-Chef Johann Horn befürchtet, dass bis Ende nächsten Jahres 850 der bislang 7000 Stellen in Deutschland gestrichen werden. Angel sagte: "Ich will nicht auf diese Zahlen eingehen." Aber die deutsche Industrie und damit auch das deutsche Gasegeschäft seien schwächer: "Es wird Stellenkürzungen geben." Pullach dagegen sei zwar mit 3300 Arbeitsplätzen dreimal größer als jeder andere Standort des Konzerns, aber hier sitze der Anlagenbau, und der habe gerade "ein historisch gutes Jahr gehabt". Hier würden eher Stellen aufgebaut.

Der Konzernumsatz blieb im vergangenen Jahr mit 28,2 Milliarden Dollar fast unverändert, aber das um Fusionskosten bereinigte Betriebsergebnis stieg um 10 Prozent auf 5,27 Milliarden Dollar. Angel stellte rund zehn Prozent mehr Gewinn je Aktie im laufenden Jahr in Aussicht. Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dürften zwar noch etwas schwieriger werden. Aber Linde habe volle Auftragsbücher und werde effizienter werden.

Die Börse reagierte positiv: Der Aktienkurs, der im vergangenen Jahr 38 Prozent zugelegt hatte, stieg bis Donnerstagnachmittag um zwei Prozent.

Linde ist weltweit breit aufgestellt und beliefert alle Branchen der Öl-, Chemie- und Metallindustrie genauso wie Lebensmittelhersteller und Krankenhäuser. Den Löwenanteil seiner Umsätze und Gewinne erwirtschaftet Linde in Amerika, jeweils gut 20 Prozent der Erlöse kommen aus Europa und Asien.

Die Linde AG und der kleinere, aber profitablere US-Konkurrent Praxair hatten sich 2018 zum Weltmarktführer für Industriegase zusammengeschlossen. In Deutschland beschäftigt die neue Linde plc. heute noch rund 7000 Mitarbeiter, weltweit 80 000.

Der bayerische IG-Metall-Chef Horn sieht die Befürchtungen der Gewerkschaften bestätigt. In den Vorjahren seien bereits fast 1000 Stellen gestrichen worden, Deutschland sei vom Stellenabbau besonders betroffen. "Angesichts des neuen Shareholder-Stils müssen wir befürchten, dass das noch nicht das Ende der Abbaupläne ist. Linde droht mittelfristig ein Kahlschlag", sagte Horn der dpa.

Hauptaktionäre sind angelsächsische Investoren. Horn kritisierte: "Das kurzfristige Shareholder-Denken ist an die Stelle einer nachhaltigen, strategischen Unternehmensplanung getreten". Im Vordergrund stehe die Senkung von Fixkosten, Aufträge würden weltweit im Konzern verschoben. "Die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland stehen unter großem Druck, dass Produkte und Aufträge an den Standorten bleiben." Die alte Linde-Zentrale in München wurde im Dezember geschlossen, die verbliebenen 200 Mitarbeiter zogen nach Pullach um.

Steve Angel und Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hatten durch Abbau regionaler Überlappungen und mehr Effizienz bis 2021 Synergien in Höhe von 1,1 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Um die Erlaubnis der Kartellbehörden für die Fusion zu erhalten, hatten die beiden Unternehmen große Geschäftsteile in Europa und Amerika an Konkurrenten und Finanzinvestoren verkauft. Angel sagte: "Bei der Integration sind wir fast fertig." Die laufenden Fusionskosten gingen zurück.

Ein wachsende Geschäft sei der Klimaschutz. Linde werde ein Drittel seines Forschungsbudgets in De-Karbonisierung investieren, sagte Angel. CO2-Steuern und höhere Strompreise würden an die Kunden weitergegeben.

Linde ist an den Börsen in New York und Frankfurt notiert. Mit rund 100 Milliarden Euro Börsenwert ist der Konzern die Nummer zwei im Deutschen Aktienindex Dax, nach SAP./rol/mne/he