Zürich (awp) - Die Investmentbanker der Credit Suisse erwarten 2020 im Vergleich zum guten IPO-Jahr 2019 weniger Börsengänge hierzulande. Die erwartete hohe Volatilität etwa im Zusammenhang mit den US-Präsidentschaftswahlen könnte das Geschäft lähmen. Weiter im Aufwind dürften derweil Produkte wie Green Bonds sein.

"Wir erwarten dieses Jahr im Vergleich zu 2019 eine etwas geringere IPO-Aktivität hierzulande, wenn auch im Bereich des langfristigen Durchschnitts", sagte Jens Haas, Head of Investment Banking Schweiz bei der Credit Suisse, am Dienstag an einer Veranstaltung für Medien in Zürich. Vor allem im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in den USA, die anfangs November stattfinden werden, dürfte die Volatilität zunehmen.

"Der Markt für Börsengänge dürfte daher im zweiten Halbjahr schwieriger sein und die entsprechenden Zeitfenster eher kürzer werden", so Haas. Ein volatiler Markt macht bekanntlich die Preisfindung und damit einen Börsengang generell schwieriger. Dazu kommt laut Haas, dass die meisten Unternehmen, die IPO-fähig sind/waren und an die Börse wollten, dies wohl in den letzten Jahren getan hätten.

Weniger als 4 IPOs

Auf eine genaue Schätzung der Anzahl erwarteter IPOs wollte sich Haas nicht festlegen. Er sagte lediglich, man vergleiche die Zahl mit den vier "echten" IPOs im letzten Jahr (Stadler Rail, Medacta, Aluflexpack und SoftwareOne) und nicht mit der Zahl an Neukotierungen, die 2019 bei sieben lag. Es dürften also weniger als vier IPOs werden.

Auch Namen von möglichen IPO-Kandidaten liess er sich nicht entlocken. "Die potentiellen Kandidaten werden ja immer wieder genannt", sagte er lediglich. Bekannt ist etwa, dass die Industriegruppe Metall Zug ihre Haushaltsapparate-Sparte V-Zug dieses Jahr an die Börse bringen will. Zudem könnte es auch zu einem erneuten Anlauf des Snackautomaten-Betreibers Selecta kommen. Spekuliert wird zudem auch immer wieder über einen Börsengang der Bankensoftware-Firma Avaloq und des Visadienstleisters VFS Global.

Was die Investmentbanker in Bezug auf Eigenkapital-Transaktionen neben IPOs eher sehen, sind sogenannte ABB-Transaktionen, wobei ABB für "accelerated book building" steht. Investoren verkaufen innerhalb eines kurzen Zeitfensters von ein bis zwei Tagen einen bestimmten Anteil ihres Investments, zumeist an institutionelle Investoren.

ABB-Transaktionen

Gesehen hat man dies hierzulande zuletzt etwa bei Barry Callebaut, wo die Familie Jacobs als Hauptaktionär rund 10 Prozent ihrer Anteile auf diese Weise verkauft hat, oder bei SIG, wo der frühere Alleinbesitzer einen weiteren Teil veräussert hat. Bei solchen Transaktionen sei man deutlich flexibler und es brauche deutlich weniger Zeit. "Ein Vorlauf von lediglich 2 bis 3 Tagen ist bei solchen Transaktionen möglich", so Haas.

Ein anhaltendes bis steigendes Volumen sehen die CS-Leute auch bei M&A-Transaktionen, also Firmenübernahmen und -verkäufen, wobei Private Equity Investoren in diesem Segment eine grosse Rolle spielen. Solche Firmen hätten viel Eigenkapital, zudem sei das Fremdkapital weiterhin sehr billig. "Eine Transaktion wie der Verkauf der Nestlé-Hautpflegesparte für über 10 Milliarden Franken an Private Equity Investoren wäre vor ein paar Jahren so nicht möglich gewesen", meinte der CS-Spezialist.

Green Bonds kommen

In Bezug auf die Fremdkapital-Transaktionen dürften derweil sogenannte "Green Bonds" weiter zunehmen. Dabei handelt es sich um Anleihen, die für ihre Nachhaltigkeit zertifiziert werden. Der Markt für solche Anleihen erlebe derzeit einen starken Aufschwung, auch wenn der Gesamtanteil noch im tiefen Bereich sei, meinten die CS-Verantwortlichen. Im Oktober 2019 waren weltweit solche Bonds im Wert von rund 700 Milliarden US-Dollar ausstehend. Dieses Jahren sollten laut Marktschätzungen Emissionen über 300 bis 350 Milliarden dazukommen.

Hierzulande hat etwa der Berner Energiekonzern BKW im letzten Sommer als erster börsenkotiertes Schweizer Unternehmen eine solche Anleihe über 200 Millionen Franken emittiert, mit denen er den Bau von Kleinwasserkraftwerken und Windanlagen finanzieren will. Später im Jahr haben dann auch die Immobiliengesellschaft Zug Estates, der Kanton Genf oder der Versicherer Swiss Life solche Anleihen emittiert.

uh/tt