"Wenn wir strukturiert in diesem Unternehmen vorgehen und nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf treiben, brauchen wir keinen Weckruf", sagte Osterloh am Freitag vor Journalisten in Wolfsburg. Diess hatte vergangene Woche vor Managern in Berlin gemahnt, Volkswagen müsse bei seinem Wandel zu einem softwaregetriebenen Autokonzern schneller werden, um in der Konkurrenz mit Tesla und anderen US-Technologieriesen um die Vorherrschaft in der Automobilindustrie nicht auf der Strecke zu bleiben. Wenn VW so weitermache wie bisher, werde es "sehr eng".

Konzernkennern zufolge gibt es im Management Kritik, der Betriebsrat stehe einem raschen Aufbau der für den Wandel benötigten Software-Einheit im Weg. Dem hielt Osterlohs Stellvertreterin Daniela Cavallo entgegen, Verhandlungen über einen Tarifvertrag für die gerade gegründete Car-Software-Organisation könnten jederzeit beginnen und bis Ende März abgeschlossen werden. "Die Frage ist, wer führt das Unternehmen", sagte Osterloh. "Das ist nicht der Betriebsrat. Mich braucht keiner wecken."

Diess hatte die Führungskräfte aufgefordert, beherzter vorzugehen. Die Belegschaft als Ganzes hatte er nicht bemängelt. Volkswagen könne die Transformation mit den Erlösen der heutigen Technik zwar stemmen. Es fehle aber an Schnelligkeit und Mut zu kraftvollem, wenn nötig auch zu radikalem Umsteuern. Die Zukunft liege im Umbau zu einem digitalen Tech-Konzern - "und nur da", betonte Diess.

Um bei dem steigenden Softwareanteil in Autos nicht von IT-Giganten wie Apple und Google abhängig und von Tesla abgehängt zu werden, fassen die Wolfsburger ihre eigenen Aktivitäten auf diesem Gebiet in einer eigenen Geschäftseinheit zusammen. Sie wurde Anfang kommenden Jahres unter dem Namen "Car.Software-Organisation" aus der Taufe gehoben, verfügt nach Betriebsratsangaben aber noch kaum über Mitarbeiter. Viele VW-Angestellte scheuen offenbar einen Wechsel in die neue Gesellschaft, solange die tariflichen Bedingungen nicht klar sind. In einem ersten Schritt sollen unter dem Dach rund 3000 Digitalexperten aus den verschiedenen Beteiligungen und Tochterunternehmen zusammenarbeiten. Bis 2025 werden mehr als 10.000 Beschäftigte angepeilt. Ziel ist eine eigene Software-Marke des Konzerns, die ihre Dienste später auch anderen Abnehmern anbieten könnte.

EUROPAWEITE QUOTE FÜR E-LADESTATIONEN

Der erfolgreiche Start der Software-Einheit sei eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, dass Volkswagen beim Start in die Elektromobilität erfolgreich sein könne, sagte Osterloh. Nur leider hake es da. "Wir sind zu spät auf dem richtigen Weg." Daneben sei wichtig, dass die Ladeinfrastruktur für E-Autos europaweit ausgebaut werde. In dem Zusammenhang schlug Osterloh eine europaweite Quote zum Aufbau von Ladestationen für Elektroautos vor. Nur wenn alle EU-Länder bei der Infrastruktur mitzögen, könnten die CO2-Vorgaben eingehalten und Strafzahlungen vermieden werden.

Volkswagen sei in der Lage, die Transformation aus eigener Kraft zu stemmen, betonte Osterloh. Dabei könne auch der Arbeitsplatzabbau dank der eingeleiteten Programme zum Umbau in Grenzen gehalten werden. Im sogenannten Zukunftspakt hatten sich Betriebsrat und Unternehmensleitung bis 2020 auf den Abbau von netto 14.000 Stellen verständigt. Weitere rund 2000 Arbeitsplätze fallen netto durch die Digitalisierung der Verwaltung weg. Im Gegenzug sollen bis zu 9000 Software- und IT-Spezialisten eingestellt werden.

Darüber hinausgehende Stellenstreichungen will der Betriebsrat dadurch vermeiden, dass möglichst auch in der Nähe der VW-Werke Emden und Hannover Batteriezell-Fabriken gebaut werden. In Salzgitter bereitet Volkswagen bereits mit dem schwedischen Spezialisten Northvolt den Einstieg in eine eigene Akku-Fertigung vor. Nach Zwickau, wo der neue ID.3 vom Band rollt, sollen ab 2022 auch Emden und Hannover zu E-Autowerken umgebaut werden.