Bern (awp) - Weil sich das Energieunternehmen BKW an einem umstrittenen Windpark in Norwegen beteiligt, hat sie nun eine Beschwerde am Hals. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) reicht diese heute beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ein.

Die BKW habe ihre Sorgfaltspflicht nicht wahrgenommen und sich zu wenig eingebracht, um die negativen Auswirkungen des Projekts zu verhindern oder abzuschwächen, teilte die GfbV am Donnerstag mit. Die BKW habe bisher keine Verhandlungsbereitschaft gezeigt, wird die Klage gerechtfertigt.

Umstrittenes Grossprojekt

Im Westen Norwegens auf der Halbinsel Fosen nur wenige Kilometer von der Stadt Trondheim entfernt entsteht eine riesige Windenergie-Anlage. Die BKW hält zusammen mit vier institutionellen Anlegern, dazu zählt auch die Credit Suisse, über die Nordic Wind Power DA einen Anteil von 40 Prozent an der Betreiberin.

Insgesamt werden beim Projekt "Fosen Vind" in den Jahren 2018 bis 2020 sechs Windparks ans Stromnetz angeschlossen. Die gesamten Investitionskosen belaufen sich auf gut 1,1 Milliarden Euro. Die grösste Beteiligung am Projekt hält mit 52 Prozent der staatliche norwegische Energiekonzern Staatkraft.

Das Projekt ist seit Beginn der Planung umstritten. Das nordeuropäische Volk der Südsami kritisiert, das Windkraftprojekt zerstöre die Winterweiden für die Rentierherden im Gebiet Storheia. Dadurch sei die Rentierzucht, die Lebensgrundlage der letzten Züchterfamilien, bedroht. Landrechte und kulturelle Rechte auf der Fosen-Halbinsel würden verletzt.

BKW wehrt sich

Die Energiewende der BKW dürfe nicht auf Kosten von Indigenen gehen, fordert die GfbV. Bereits 2018 habe der Verband die BKW dazu aufgefordert, als Investorin direkten Einfluss zu nehmen, um das Projekt zu stoppen bis für die Gemeinschaft der Südsami eine einvernehmliche Lösung gefunden wurde. Dieser Schritt sei aber ausgeblieben.

Die BKW zeigt sich in einer Stellungnahme weiterhin dialogbereit, hält aber auch fest, dass sich an der Beurteilung des Projekts nichts geändert habe. Dabei verweist der Konzern auf ein ausführliches Dokument auf ihrer Webseite, wo der Streitfall aus Sicht der Nordic Wind Power DA beschrieben wird.

Da wehrt sich die Gesellschaft gegen die Kritik. Das Projekt "Fosen Vind" habe ein strenges Bewilligungsverfahren durchlaufen, bei dem auch die Südsami mehrfach konsultiert worden seien, heisst es etwa. Im Rahmen des Verfahrens sei das Projekt verkleinert und Anliegen zu den Weideflächen berücksichtigt worden und man habe sich mit verschiedenen Gruppe der samischen Minderheit geeinigt.

Die Baubewilligung für den Windpark sei von den norwegischen Behörden bewilligt worden und rechtskräftig, heisst es weiter. Noch nicht geklärt sei die Frage nach der Entschädigung für drei in der Rentierzucht tätigen Familien.

Mit Blick auf die beim Seco hinterlegte Beschwerde hält die BKW lediglich fest, dass man die "Kontaktaufnahme durch das Seco abwarte und anschliessend die vom Verfahren vorgesehenen Schritte befolge".

Kanton Bern in der Pflicht

Auch der Kanton Bern stehe in der Pflicht, gehöre diesem doch 52,54 Prozent an der BKW, schreibt die GfbV weiter. Immerhin der Berner Regierungsrat habe dies erkannt. In seiner Antwort auf ein Postulat habe er die Anerkennung und Erfüllung von völkerrechtlichen Abkommen als "zentral" erachtet, so das Communiqué.

mk/ra