ARTEIXO (dpa-AFX) - Für den Modegiganten Inditex ist Flexibilität seit Jahren oberstes Gebot. Solange die Kunden nach neuer Kleidung hungern, werden die Spanier sie ihnen bringen - blitzschnell und fast egal auf welchem Weg. Damit leistet das Unternehmen dem immer härter werdenden Wettbewerb seit Jahren Widerstand. Und die Zara-Mutter feilt weiter an ihrer Technik. Was bei Inditex los ist, was Analysten sagen und wie sich die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI INDITEX:

Fast Fashion gilt nicht gerade als Beitrag zur Lösung des Klimaproblems. Noch dazu ist die Konkurrenz groß. Dennoch treibt der Zara-Konzern, der sich ganz besonders auf schnelllebige Mode versteht, seinen Wachstumskurs weiter voran. Um rund 10 Prozent hat die Industria de Diseno Textil, kurz Inditex, ihre Umsätze durchschnittlich in den Jahren 2010 bis 2018 gesteigert.

Gleichwohl war das Tempo im vergangenen Geschäftsjahr mit rund drei Prozent deutlich geringer. Auch unterm Strich lief angesichts eines Plus von rund zwei Prozent schon mal besser. Das Management um Chef Pablo Isla ist aber zuversichtlich: Im aktuellen Geschäftsjahr, das Ende Januar abläuft, sollen die Umsätze wieder um bis zu sechs Prozent zulegen. Beobachter rechnen damit, dass es in dieser Größenordnung vorerst auch in den Folgejahren weitergeht.

Mit seiner wichtigsten Marke Zara, aber auch mit Bekleidungsketten wie Pull & Bear, Bershka oder Massimo Dutti, prägt der Konzern das Bild zahlreicher europäischer Innenstädte. Es sind die stark frequentierten Einkaufsstraßen oder auch "Premiumlagen", auf die Inditex speziellen Wert legt. Und zunehmend auch auf Fläche. Die Geschäfte, die das Unternehmen 2018 neu eröffnet hat, waren im Schnitt knapp 40 Prozent größer als noch sechs Jahre zuvor.

In diesem Zeitraum hat Inditex zugleich rund zwei Milliarden Euro in neue Technologien investiert, mit denen die Logistik und das Shoppingerlebnis für die Kunden perfektioniert werden sollen. Das erklärte Ziel: Die Vorteile von online und offline miteinander zu verbinden. In der Praxis kommen dabei Dinge heraus wie Selbstbedienungskassen oder das "Click & Collect"-System, mit denen Kunden ihre Ware online bestellen und im Geschäft - zum Teil an automatisierten Ausgabestellen - abholen können. In einigen Städten wird den Kunden ihre Onlinebestellung zudem bereits noch am selben Tag geliefert. Generell sollen ab diesem Jahr sämtliche Inditex-Marken überall auf der Welt über die digitalen Verkaufsplattformen bestellbar sein.

Auch die Lagertechnik versucht Inditex regelmäßig zu optimieren. Hier steht für den Konzern derzeit die Einführung der sogenannten RFID-Technologie ("radio frequency identification technology") im Vordergrund. Damit kann das Unternehmen zu jeder Zeit jedes einzelne Kleidungsstück vom Verteilerzentrum bis zum Verkauf genau nachverfolgen. Das vereinfacht die Lagerverwaltung, die Kunden kommen somit noch schneller an die Waren.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Die Reaktionen der Analysten auf den jüngsten Zwischenbericht Mitte Dezember waren überwiegend positiv. Von übertroffenen Erwartungen, wachsender Effizienz und signifikanten Fortschritten beim Ausbau des Online-Geschäfts war da die Rede. Dass sich Inditex entgegen früherer Quartalsberichte diesmal nicht zum Verlauf des vierten Quartals äußerte, sorgte jedoch für etwas Beunruhigung.

Das Schweigen könnte auf eine schwächere Umsatzentwicklung hindeuten, wie Lars Lusebrink von Independent Research mutmaßte. Laut Mariana Horn Uribe von der Schweizer Großbank UBS sei das zwar nicht ausgeschlossen. "Wir glauben aber, dass die Entscheidung eher taktischer Natur war", erklärte die Analystin. So seien die Zahlen für den Monat November im Vorjahresvergleich besonders stark gewesen. Das hätte den Umsatz zunächst am Beginn des vierten Quartals schwach aussehen lassen. "Man scheint sich somit für eine spätere Veröffentlichung des gesamten Quartals entschieden zu haben, statt Ängste zu schüren", so die Expertin.

Die Nachrichtenagentur Bloomberg listet insgesamt 26 Analysten, die sich seit dem jüngsten Zwischenbericht mit Inditex befasst haben. Elf von ihnen sprechen sich für die Aktie aus, genau so viele sind neutral eingestellt. Vier Experten sehen in dem Papier dagegen - unter anderem wegen der zurzeit recht hohen Bewertung - kein weiteres Potenzial. Das durchschnittliche Kursziel, in dem auch frühere Schätzungen erfasst sind, liegt bei 30,56 Euro und damit etwas unterhalb des Niveaus von Anfang 2020.

DAS MACHT DIE AKTIE:

So stark Inditex auch gegen die Herausforderungen im Einzelhandel ankämpft - von ihrem Höchststand Mitte 2017 bei 36,90 Euro ist die Aktie noch ein Stück entfernt. Ab dem Zeitpunkt war sie bis Anfang 2019 auf ein Zwischentief von 21,85 Euro gefallen, ein Kursverlust von gut 40 Prozent.

Im vergangenen Jahr hat das Papier aber wieder an Fahrt aufgenommen und um etwa 40 Prozent zugelegt. Auch bei Konkurrent H&M ging es 2019 wieder aufwärts - hier sogar um mehr als 50 Prozent. Im europäischen Branchenindex Stoxx 600 Retail lagen die Spanier damit in der Vergleichsperiode etwa im Mittelfeld, während die Schweden zu den Top-Ten-Werten gehörten. Im europäischen Leitindex Eurostoxx 50 rangierte aber auch Inditex unter den besten zehn Aktien.

Mit einem Kurs von derzeit knapp 32 Euro beläuft sich der gesamte Börsenwert des Moderiesen auf knapp 100 Milliarden Euro. Von den Kurszuwächsen und Dividendenzahlungen profitiert vor allem Mitgründer und Vorstandsmitglied Amancio Ortega Gaona. Dem Milliardär gehören etwa 60 Prozent des Konzerns, sein derzeitiges Vermögen beträgt laut einer aktueller "Forbes"-Berechnung fast 80 Milliarden US-Dollar (72 Mrd Euro). Damit liegt Ortega auf Platz sechs der reichsten Menschen der Welt./kro/eas/mis