PARIS/LONDON (awp international) - Vor der finalen Brexit-Entscheidung sind die Anleger am Freitag an den europäischen Börsen in Wartestellung geblieben. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 hielt sich am Morgen überwiegend knapp im Minus auf, zuletzt gab er um 0,11 Prozent auf 3584,78 Punkte nach. Auf Wochensicht steuert er dank der zuletzt versprühten Hoffnung, dass ein harter Brexit noch ausbleibt, auf ein Plus von 0,4 Prozent zu.

Am Vortag hatten sich die EU und Grossbritannien auf einen Scheidungsvertrag geeinigt, es gibt aber Zweifel, dass Premierminister Boris Johnson den Deal am Samstag durch das britische Parlament bekommt. Als Bremse hinzu gesellte sich am Freitag ein überraschend langsames Wachstum der chinesischen Wirtschaft im dritten Quartal. Der französische Cac 40 gab obendrein belastet von Kursrutschen bei Renault und Danone um 0,4 Prozent nach.

Auch der britische FTSE 100 verlor am Tag vor der richtungsweisenden Entscheidung 0,25 Prozent. "Letztlich wird sich die Hängepartie bis Samstag hinziehen, die Investoren bleiben auf jeden Fall skeptisch", heisst es in einem Kommentar des Bankhauses Metzler. "Ein klares Ergebnis der Abstimmung im Unterhaus ist nicht absehbar. Es kommt darauf an, wieviel Überzeugungsarbeit Boris Johnson bis dahin noch leisten kann."

Auf Unternehmensseite kamen zwei schwere Hiobsbotschaften aus Frankreich. Allen voran brachen dort die Renault-Aktien um 12 Prozent auf ein Tief seit 2013 ein wegen einer Gewinnwarnung, die den ganzen europäischen Autosektor auf Talfahrt schickte. Die schwächelnde Auto-Nachfrage erwischt Renault stärker als gedacht. Nachdem das vorige Management seine Hoffnung auf einen Umsatzanstieg bereits im Juli begraben hatte, geht das neue Führungsteam nun sogar von einem merklichen Rückgang aus.

Der zweite auffällig grosse Verlierer in Paris war Danone mit einem Abschlag von mehr als 7 Prozent. Der Lebensmittelkonzern enttäuschte im dritten Quartal die Erwartungen und bleibt so nach den ersten neun Monaten weiter hinter der Jahresplanung zurück. Als Folge davon zeigte sich das Unternehmen nun für den Umsatz im Gesamtjahr pessimistischer. Analysten zogen ein relativ trübes Fazit. Charles Eden von der UBS glaubt nicht, dass die Danone-Aktie vorerst ihre Bewertungslücke zur Konkurrenz schliessen kann.

Eine positive Ausnahme waren in Frankreich die Vivendi -Aktien mit einem Anstieg um fast 2 Prozent, der sie auch im EuroStoxx zum Spitzenreiter machte. Der Medienkonzern berichtete am Vorabend von Interessenten an seiner Musiksparte Universal Music, weshalb er nun den Verkauf von weiteren Anteilen erwäge. Im Tagesgeschäft steigerte Vivendi seinen Umsatz im dritten Quartal überraschend kräftig.

In Zürich blieben die Aktien vom AMS wegen der Hängepartie bei der Übernahme von Osram im Blickfeld, am Freitag ging es hier um 4 Prozent bergab. Insidern zufolge erwägt der Sensorhersteller eine neue Offerte. Denkbar wäre dabei ein höheres Gebot oder auch eine Senkung der Mindestannahmeschwelle, hiess es. Mit dem bisherigen Gebot von 41 Euro war AMS zuletzt an der geforderten Annahmeschwelle gescheitert.

In Stockholm wurden die Papiere des Nutzfahrzeugherstellers Volvo mit fast 2 Prozent von einem vermeldeten Auftragseinbruch belastet. Angesichts der eingetrübten Konjunkturlage ging die Zahl der bestellten Lastwagen im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um rund 45 Prozent zurück.

Die Aktien des Düngerkonzerns Yara fielen ausserdem in Oslo um 3,25 Prozent, nachdem sich die Gewinne im dritten Quartal nicht ganz so gut entwickelt hatten wie zuvor gedacht./tih/fba