- von Tom Käckenhoff und Matthias Inverardi

"Zur Wahrheit gehört, dass es in einigen Bereichen nicht ohne signifikanten Stellenabbau gehen wird", schrieb Merz in einem am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief des Vorstands an die Mitarbeiter. Zahlen nannte sie nicht. Bei dem geplanten Konzernumbau gehe es darum, die Geschäfte zu stärken. "Es geht nicht um einen Ausverkauf." Merz hatte am Dienstag vor 150 Führungskräften ihre Pläne für den Mischkonzern mit 160.000 Mitarbeitern präsentiert. Thyssenkrupp wollte sich dazu nicht äußern.

Schon Merz' geschasster Vorgänger Guido Kerkhoff hatte angekündigt, binnen drei Jahren 6000 Jobs zu streichen, davon 4000 in Deutschland. Es wird erwartet, dass Merz insbesondere in der Verwaltung kürzen wird, die jährlich mit Kosten von mehr als zwei Milliarden Euro zu Buche schlägt. Hierzu gehört auch der zentrale Verwaltungsbereich Corporate mit rund 3600 Mitarbeitern. "Ende November werden wir ein weiteres, allgemeines Update zur neuen Organisation geben." Zu dieser Zeit stellt Thyssenkrupp auch die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr 2018/19 (per Ende September) vor. Diese dürfte unter dem Strich einen hohen Verlust aufweisen.

"Klar ist: Die neue Organisation führt neben Corporate auch zu Veränderungen in den Führungsmannschaften im Anlagenbau und Automobilbereich", kündigte die frühere Bosch-Managerin an, die am 1. Oktober den Posten von Kerkhoff übernommen hatte. Die Führungsgesellschaften Industrial Solutions und Components Technology würden weitgehend aufgelöst. "Bis auf den CEO wird es die Bereichsvorstände dort in Zukunft nicht mehr geben. Die bisherigen Bereichsvorstände bleiben ihren Bereichen aber für den Transformationsprozess zunächst erhalten." Die beiden Sparten mit zusammen über 50.000 Beschäftigten schwächeln schon länger. Der bisherige Chef von Industrial Solutions, Marcel Fasswald, habe Thyssenkrupp zum 7. Oktober verlassen.

STAHL IM ZENTRUM DER KÜNFTIGEN STRATEGIE

Der über 200 Jahre alte Essener Konzern will sich wieder stärker auf das Stahlgeschäft fokussieren. Die europäische Stahlsparte soll mit dem Werkstoffhandel enger zusammenrücken. Im Vertrieb sollen die beiden Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit ausloten, ebenso in der Verwaltung. Beim Verkauf der Ertragsperle Elevator will Merz weiter zweigleisig fahren. Die Organisation der Aufzugssparte werde im Rahmen der Vorbereitungen des geplanten Börsengangs so aufgestellt, dass sie künftig als eigenständiges Unternehmen agieren könne. "Parallel zu den Vorbereitungen des Börsengangs werden erhaltene Angebote potenzieller Interessenten geprüft."

Hier sind nach Reuters-Informationen bereits zahlreiche Interessenten vorgeprescht. Neben direkten Konkurrenten wie Kone oder Hitachi auch Finanzinvestoren wie Blackstone oder CVC. Der Wert der Sparte wird auf zwölf bis 17 Milliarden Euro geschätzt. Die Arbeitnehmervertreter machen sich dafür stark, eine Mehrheit an dem Geschäft zu behalten, um weiter von den Einnahmen zu profitieren und das schwankende Stahlgeschäft auszugleichen.